Berndt Georg Thamm, 64, aus Berlin ist Terror-Experte und Autor des Buches “Terrorziel Deutschland“.

Hamburger Abendblatt:

1. In Pinneberg ist einer muslimischen Gemeinde gekündigt worden, nachdem dort Islamisten Zuflucht gefunden haben sollen. Ist das Klima zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen vergiftet?

Berndt Georg Thamm:

Nein. Vielmehr ist es zwischen militanten Islamisten einerseits und moderaten Muslimen und Nicht-Muslimen andererseits vergiftet, die Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ablehnen. Der nicht-muslimische Teil wünscht sich sicher eine noch deutlichere Positionierung.

2. Der Verfassungsschutz hat keine Handhabe gegen den Verein, spricht aber offen von Problem-Moschee. Ist das Panikmache?

Thamm:

Nein. Es darf nicht sein, dass militante Islamisten wie Fische im Wasser in muslimischen Kulturgemeinden abtauchen können. Es bedarf der Abgrenzung, sowohl von innen aus der Gemeinde heraus gegen die nicht erwünschten Mitglieder wie von außen durch unsere Schutzorgane.

3. Nach der Schließung der Al-Kuds-Moschee in Hamburg sind die Islamisten in alle Winde verstreut. War die Aktion richtig?

Thamm:

Wenn Moscheen zu Keimzellen des militanten Islamismus werden, ist das ein Grund für deren Schließung. Das trifft nicht nur auf unsere, sondern auf eine Reihe von Gesellschaften inner- und außerhalb Europas zu. Eine Frage, die sich auch in der Bekämpfung organisierter Kriminalität stellt: Soll eine Gruppierung verboten werden, obwohl sie sich dadurch der offenen Observation entzieht und im Untergrund schwerer zu fassen ist?

4. Trifft man durch solche Verbote nicht auch friedliche Gemeindemitglieder?

Thamm:

Wir leben im Jahr zehn des 11. September. Alle muslimischen Gemeinden sind nachhaltig aufgerufen, mit an einem Strang zu ziehen, um die Gefahren zu minimieren. Wenn das nicht passiert, ist dem Schutzbedürfnis der Mitbürger, der Stadt, der Region Rechnung zu tragen. Es ist günstiger und nachhaltiger, wenn alle Seiten versuchen, das Problem gemeinsam zu stemmen.

5. In vielen Bundesländern gibt es Problem-Moscheen. Welche Aufgabe kommt ihnen zu?

Thamm:

Vor einigen Jahren ging man davon aus, dass dort auch Hassprediger das Gastland als Land von Ungläubigen diskreditieren. Nicht auszuschließen ist, dass das noch passiert. Dennoch hat sich einiges verschoben. Durch die breite Nutzung der modernen Informationstechnologie wird jetzt im Internet für den Dschihad geworben. Im letzten Jahrzehnt ist so im Netz eine breite Angebotspalette entstanden, die junge Leute nutzen können und wo sie eintauchen können, ohne auffällig zu werden. Man muss heute nicht mehr in eine bestimmte Moschee gehen oder einen bestimmten Prediger treffen. Man kann es sogar ganz privat zu Hause machen.