Im neuen Agaplesion-Diakonieklinikum gibt es einen HSV- und einen St.-Pauli-Saal. Im Miniatur Wunderland gewinnt seit 2001 nur einer.

Hamburg. HSV-Nuckelflaschen, Unterwäsche mit Vereinslogo und Toaster, die Raute oder Totenkopf aufs Brot rösten: Fernab vom schnöden Fanschal können Fußballanhänger vielfältig zeigen, für welchen Verein ihr Herz schlägt. Ab sofort ist das in Hamburg auch bei medizinischen Operationen möglich. Im Neubau des Agaplesion-Diakonieklinikums können die Patienten entscheiden, ob bei ihnen das Skalpell lieber im HSV- oder im St.-Pauli-Operationssaal angesetzt werden soll - erkennbar an dem jeweiligen Vereinslogo an der Tür.

"Wenn es machbar ist, berücksichtigen wir den jeweiligen Fanwunsch", sagt Jörn Wessel, 51, Geschäftsführer der Klinik. Allerdings sei dies im Alltag nicht immer möglich, und im Ernstfall geht Gesundheit vor Gesinnung. Und so kann es auch passieren, dass ein leidenschaftlicher St.-Paulianer im HSV-Operationssaal landet. "Aber das bekommen die Patienten ja meistens nicht mit, weil sie bereits unter Narkose stehen, wenn sie in den Raum gefahren werden", sagt Wessel. Nur bei Eingriffen mit örtlicher Betäubung müssten sich die Fans dem Emblem der jeweils anderen Mannschaft stellen; da erscheint wohl so manchem die Operation selbst als gar nicht mehr so schlimm.

Auch die meisten Ärzte bevorzugen entsprechend ihrer sportlichen Zuneigung einen der beiden Säle. Patienten, die extra wegen eines Fan-Operationsraums das Agaplesion für einen bevorstehenden Eingriff gewählt haben, gibt es noch nicht. Das liegt aber primär daran, dass im Neubau der Klinik erst seit wenigen Tagen operiert wird. Am vergangenen Wochenende fand der Umzug statt, und aus den drei unternehmerisch bereits zusammengehörenden Kliniken Elim, Bethanien und Alten Eichen wurde auch räumlich ein Krankenhaus. Nicht nur 300 Patienten, sondern auch 9000 Umzugskartons und 250 mit Technik gefüllte Transportwannen mussten an die Hohe Weide gebracht werden - etwa so viele wie bei einem Umzug von 45 Einfamilienhäusern. Für die Wände der neuen Operationssäle hatte Geschäftsführer Wessel eine blaue Glasverkleidung ausgewählt, die besonders bei endoskopischen Eingriffen von Vorteil ist. "Und weil die Farbe passte, wollte ich dann auch einen ganzen HSV-OP", sagt Wessel, der leidenschaftlicher HSV-Fan ist. Als er in einer Bausitzung seine Idee vorschlug, stellte ein Teil des Gremiums eine klare Bedingung: "Dann aber auch einen St.-Pauli-Saal!" Da braune Wände nicht infrage kamen, einigten sich alle Beteiligten darauf, dass die Vereinslogos die Saaltüren zieren werden - und das auch noch nach dem morgen anstehenden Stadtderby (18.45 Uhr Imtech-Arena).

Aber egal, wie dieses ausgeht, zumindest im Miniatur Wunderland in der Speicherstadt ist der HSV immer der Sieger. Seit fast zehn Jahren steht hier die Miniausgabe des neuen HSV-Stadions, inklusive Anzeigentafel. Und die zeigt immer das Ergebnis des Bundesligaspiels vom 2. Dezember 2001: Der HSV gewinnt gegen St. Pauli 4:3. "Der Großteil unserer Belegschaft und besonders die Geschäftsführung sind eben HSV-Fans", sagt Sprecherin Birte Rüsch, 35. Deswegen wird wohl auch, wenn St. Pauli morgen gewinnt, nichts an dem Modell geändert werden.