HSV-Trainer Veh erwägt, sein Team gegen St. Pauli auf vier Positionen zu verändern. Guerrero, Elia, Pitroipa und Kacar hoffen auf ihren Einsatz.

Hamburg. Wer sich aufschlussreiche Erkenntnisse vor dem Spiel des Jahres beim HSV-Training erhofft hatte, der musste gestern enttäuscht von dannen ziehen. Armin Veh wollte sich zwei Tage vor dem Derby gegen den FC St. Pauli (morgen, 18.45 Uhr) partout nicht in die Karten gucken lassen. Noch nicht mal eine Stunde lang ließ er seine Mannschaft gestern warmlaufen, im Kreis spielen und wieder auslaufen, dann war Schluss. "Vor einem Derby muss ich niemanden besonders motivieren. Ein Derby ist Motivation genug", sagte der HSV-Trainer, der seine mit Spannung erwartete Startelf wohl erst bei der Generalprobe im heutigen Abschlusstraining unter Ausschluss der Öffentlichkeit verkünden wird. Echte Härtefälle, das steht schon jetzt fest, hat der Coach fest eingeplant.

"Wir haben jede Menge Möglichkeiten zu variieren", sagte Veh bereits nach dem 1:0-Sieg beim VfL Wolfsburg. Und tatsächlich überlegt der 50-Jährige ernsthaft, erstmals in dieser Saison gleich auf vier Positionen zu rotieren. Bis morgen will er noch Bewerbungen für die Stürmerposition an der Seite von Mladen Petric, für die beiden Flügelspieler im Mittelfeld und für die Position in der Innenverteidigung an der Seite von Heiko Westermann entgegennehmen. "Keiner ist mehr unantastbar", sagt Sportchef Bastian Reinhardt, der sich über den verstärkten Konkurrenzkampf vor dem Duell gegen St. Pauli freut. "Genau diese Situationen haben wir uns von Anfang an gewünscht. Die Jungs, die um einen Platz in der Startelf kämpfen, sollen sich schon im Training zu Höchstleistungen pushen", sagt Reinhardt, der die wahrscheinliche Startelf bereits von Veh erfahren haben will: "Es wird Überraschungen geben."

Van Nistelrooy oder Guerrero

Der schwierigste Härtefall dürfte die Entscheidung im Sturm zwischen Ruud van Nistelrooy und Paolo Guerrero sein. Während der Niederländer, dem Veh vor zwei Wochen eine temporäre Stammplatzgarantie ausgesprochen hatte, seit Monaten schwächelt, kämpft der Peruaner in jedem Training um seine Chance. "Ich habe Ruud in den vergangenen Wochen nicht so schwach empfunden wie viele andere", sagt Reinhardt, der aber darauf verweist, dass die endgültige Entscheidung der Trainer zu treffen habe.

Für einen Einsatz Guerreros spricht, dass der Südamerikaner als laufstarker Stürmer gilt, der sich auch häufig ins Mittelfeld fallen lässt, jederzeit anspielbar ist und besonders gut mit Petric harmoniert. Für einen Einsatz van Nistelrooys spricht dagegen, dass der 34-Jährige eine wohl einzigartige Tormaschine ist. Bereits mehrfach in dieser Saison hat van Nistelrooy mit seinen Toren ein Spiel alleine entschieden. "Gegen Wolfsburg hat er zudem kämpferisch überzeugt", lobt Reinhardt van Nistelrooy, der genau wie Petric sechs Saisontore erzielte. Guerrero traf in dieser Spielzeit dagegen nur zweimal.

Elia oder Jansen

Auf der linken Mittelfeldseite hat Veh das Luxusproblem, sich zwischen einem deutschen Nationalspieler und einem Vizeweltmeister entscheiden zu müssen. Marcell Jansen spielte gegen Wolfsburg 60 Minuten lang solide, Eljero Elia bot sich in den verbleibenden 30 Minuten für einen längen Einsatz an. "Der kann noch viel mehr. Eljero hat die Kraft eines Bären", lobte Veh den Niederländer, der sich nur einen Tag später mit einem medialen Rüffel bedankte. "Scheinbar gibt es hier nicht viel Vertrauen in mich. Ich verstehe es auch nicht", kritisierte Elia seinen direkten Vorgesetzen gegenüber "Voetball International". Reinhardt wollte Elias Aussagen vor dem Spiel gegen St. Pauli aber nicht überbewerten: "Ich kann ihn verstehen. Aber jetzt muss er auf dem Feld zeigen, was er wirklich kann."

Pitroipa oder Ben-Hatira

Das will auch Jonathan Pitroipa, der gegen Wolfsburg erst zum zweiten Mal in dieser Saison auf der Bank Platz nehmen musste. Der Afrikaner kämpft auf der rechten Mittelfeldseite gegen Änis Ben-Hatira um einen Platz in der Startelf. Während Ben-Hatira besonders zu Beginn der Rückrunde überzeugen konnte, scheint vor dem Derby wiederum Pitroipa die Nase vorn zu haben. Der Burkinabe scheint prädestiniert dafür zu sein, seine Schnelligkeit gegen St. Paulis Oczipka-Ersatz Moritz Volz auszuspielen. Sein Konkurrent wirkte dagegen in den beiden Partien gegen Wolfsburg und Nürnberg überspielt.

Mathijsen oder/und Kacar

Knifflig im positiven Sinne wird für Veh auch die Entscheidung in der Defensive. Joris Mathijsen hat den gegen Wolfsburg gesperrten Gojko Kacar gut ersetzt. Der Serbe hatte in den Spielen zuvor wiederum den lange verletzten Niederländer erstklassig vertreten. "Durch Kacars Rückkehr habe ich einige Optionen", kündigte Veh zufrieden an. Eine denkbare Variante: Statt Kacar oder Mathijsen könnte sich Veh auch für Kacar und Mathijsen entscheiden. In diesem Fall müsste David Jarolim im defensiven Mittelfeld seinen Platz räumen. "Ich gebe meine Position nicht wieder her", kündigte Jarolim allerdings renitenten Widerstand an.

Spätestens morgen Abend um 18.45 Uhr dürfte klar sein, wer die internen Duelle vor dem Derby gewonnen hat.