Rheuma und Arthrose sind Ursachen für Gelenkschmerzen

Ein Operationssaal: Der Patient ist mit grünen sterilen Tüchern abgedeckt, nur sein rechtes Knie wird angeleuchtet. Die Knorpelschicht seines Knies ist nicht mehr gleichmäßig. Der Orthopäde hantiert vorsichtig mit den Instrumenten, um an jene Zellen zu gelangen, die sich ab dem Kindesalter nicht mehr vermehren: die Knorpelzellen.

Wie wichtig Knorpel für unsere Beweglichkeit ist, wird einem erst bewusst, wenn er fehlt. Dann reibt der Knochen auf dem Knochen, kein Schritt wird mehr abgefedert, die Gelenkschleimhäute entzünden sich. Die Ursachen für diesen Knorpelschwund sind unterschiedlich: Zum einen kann es sich um eine Schädigung des Knorpels handeln - die Arthrose. Zum anderen kann eine vom Abwehrsystem ausgehende entzündliche Reaktion im Körper stattfinden, die das eigene Gelenk angreift und teilweise zerstört.

Letzteres passiert bei der Rheumatoiden Arthritis, von der ein bis zwei Prozent der Bevölkerung betroffen sind, am häufigsten jüngere Frauen. "Was genau diese Autoimmunerkrankung auslöst, ist nach wie vor unbekannt", sagt Dr. Keihan Ahmadi-Simab, Chefarzt des Rheumazentrums in der Asklepios-Klinik Altona. Doch seien jetzt die meisten Botenstoffe identifiziert, die bei der Entzündungsreaktion eine ausschlaggebende Rolle spielen.

Vermutlich sind es Viren, die in Kombination mit einer genetischen Veranlagung eine entzündliche Reaktion im Körper auslösen. Das Rauchen ist ein weiterer Risikofaktor für das Auftreten von Rheuma. Rheumatische Beschwerden beschränken sich nicht nur auf Schwellung, Überwärmung und Schmerzen, sondern die Patienten sind meist zusätzlich sehr müde, leiden unter Abgeschlagenheit oder haben Fieber. Auch innere Organe können durch das Rheuma angegriffen werden. Im Gegensatz dazu sind bei der Arthrose in der Regel nur die großen Gelenke wie Knie oder Hüfte betroffen.

"Es gibt nicht den einen Marker im Blut, der uns verrät, ob es sich um eine Rheumatoide Arthritis handelt", sagt Rheumatologe Ahmadi-Simab. Doch wenn man den Patienten ausführlich untersuche und den Verlauf beobachte, sei die Diagnose schnell gestellt. "Wir sind jetzt viel mutiger geworden, die Behandlung frühzeitig und intensiv zu beginnen." Immerhin entstehen die meisten Gelenkschäden im ersten Jahr nach Krankheitsausbruch. Versagt die traditionelle entzündungshemmende Basistherapie, kommen zunehmend die sogenannten Biologika zum Einsatz. Dabei handelt es sich meist um Antikörper, die präzise die Produktion spezieller entzündlicher Botenstoffe hemmen, was wiederum den zerstörerischen Prozess im Gelenk eindämmt.

Durch die Präzision im Wirkmechanismus sind die innovativen Präparate nebenwirkungsärmer. Dadurch steigt auch die Bereitschaft der Patienten, die Behandlung konsequent durchzuführen, was zur Folge hat, dass schwerer Knorpelschwund und Knochenschäden durch Rheuma deutlich seltener geworden sind.

Das kann auch Dr. Thorsten Gehrke, Chefarzt der Endoklinik, bestätigen. In seiner Einrichtung werden jährlich über 5000 Hüft- und Knieprothesen eingesetzt, aber kaum noch bei Rheumatikern. "Unsere Patienten kommen fast ausschließlich zu uns wegen einer altersbedingten Abnutzung der Knorpelschicht, an der etwa die Hälfte aller 65-Jährigen leidet", sagt Gehrke.

Was bei der Arthrose meist zu Schmerzen führt, ist der Abrieb kleiner Knorpelpartikel, die an der Schleimhaut des Gelenks eine entzündliche Reaktion verursachen. Das erklärt auch, wieso vorübergehend eine Gelenkspülung und die Applikation eines Kortisonpräparates Linderung ermöglichen. Doch der Knorpel kann sich nicht regenerieren, es fehlt das schützende Gewebe im Gelenk. In dieser Situation verhilft eine Endoprothese zu neuer Lebensqualität. "Zwei Tage nach meiner Hüftprothesenoperation bin ich aufgestanden, drei Wochen später konnte ich wieder laufen", freut sich etwa eine Patientin, die es zuvor kaum noch in ihre Wohnung im ersten Stock geschafft hatte. Nach 20 bis 30 Jahren müssen die Prothesen allerdings ausgetauscht werden, weil sich in diesem Zeitraum auch das härteste Titan abnutzt.

Die eigene Knorpelschicht zu regenerieren wäre natürlich besser. Es gibt bereits eine florierende Branche von Biotech-Unternehmen, bei denen Knorpelzellen im Labor vermehrt werden, doch es ist fraglich, ob das wirklich so funktioniert. "Wir haben an eine dieser Firmen Knorpelzellen geschickt und hinterher die Dichte der gelieferten Zellen gemessen", berichtet Prof. Michael Amling, Direktor des Instituts für Osteologie und Biomechanik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Ergebnisse seien ernüchternd gewesen, weil sich in den meisten Proben gar keine Knorpelzellen nachweisen ließen. "Wir selber arbeiten an der Expansion von Knorpelzellen, doch erhoffe ich mir eher Erkenntnisse über die Signale, die den Körper anregen, sich selber zu reparieren."