Ein Kommentar von Matthias Iken

In den Augen vieler Kunden gelten die Verbraucherzentralen als Mischung zwischen Robin Hood und Mutter Teresa: Edle Kämpfer gegen Nepper, Schlepper, Bauernfänger, die den Verbrauchern gegen übermächtige Konzerne zur Seite stehen. Für viele Einzelhändler in Hamburg hingegen haben die Verbraucherschützer ihren Ruf nachhaltig ruiniert. Wegen ihrer Jagd auf Ladeninhaber gelten die Zentralen in der Branche eher als Wiedergänger von Graf Dracula oder Dagobert Duck.

Oft liegt die Wahrheit in der Mitte - hier nicht. Was die Hamburger Verbraucherzentralen bereits seit Monaten mit Geschäftsleuten treiben, ist, vorsichtig formuliert, Schikane. Natürlich liegt es im Interesse der Kunden, dass Waren im Schaufenster ordentlich ausgezeichnet sind. Es ist gut, dass die Verbraucherzentrale den Händlern auf die Finger schaut. Freundlich auf Fehlverhalten hinzuweisen und bei notorischen Verweigerern auch Strafmaßnahmen anzudrohen, wäre echter Kundenschutz.

Doch der rechnet sich nicht. Wer bei einmaliger Nichtbeachtung gleich Unterlassungserklärungen verlangt und dann auf Vertragsstrafen in vierstelliger Höhe pocht, muss sich kritischen Fragen stellen. Geht es den unabhängigen, überwiegend öffentlich finanzierten und gemeinnützigen Organisationen um Kundenschutz - oder eher um ihr lukratives Geschäftsmodell? Ist das Bemängeln fehlender Preisschilder im Schaufenster eine Kernaufgabe der Zentralen? Oder sind die Verbraucherschützer selbst in Zeiten von Datenmissbrauch, Dioxinfleisch und Bankenskandalen nicht ausgelastet?

Genauso verwunderlich ist, wie defensiv die Handelskammer und der Einzelhandelsverband mit dem Geschäftsgebaren der Verbraucherschützer umgehen. Zwar ist das Vorgehen der Zentralen legal, legitim ist es nicht. Wo bleiben die Schützer vor den Verbraucherschützern?