Sie wehren sich gegen Kontrollen und hohe Vertragsstrafen wegen mangelnder Preisangaben. Die Verbraucherzentrale weist die Kritik zurück.

Hamburg. Den Brief von der Verbraucherzentrale Hamburg bekam Michael Beck kurz vor dem Jahreswechsel. Doch es waren nicht etwa gute Wünsche zum neuen Jahr, sondern es war die Aufforderung, eine Vertragsstrafe in Höhe von 2000 Euro zu bezahlen. Der Geschäftsmann betreibt am Mundsburger Damm das Geschäft Objekte Licht + Raum GmbH.

Der Vorwurf: Die Kontrolleure der Verbraucherzentrale bemängelten, dass einige Lampen im Schaufenster nicht mit Preisen ausgezeichnet sind. Das ist ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung: "Die Höhe der Vertragsstrafe ist eine Frechheit. Ich bin nicht bereit, eine so exorbitante Summe für eine solche Bagatelle zu bezahlen", sagte Beck.

Nicht nur ihm ist das passiert. Auch Ingrid Pahl-Thiede, die seit 37 Jahren die Boutique "Paulette" am Mundsburger Damm betreibt, wurde zum Jahresende eine Vertragsstrafe in Höhe von 800 Euro aufgebrummt: "Das sind doch Kopfgeldjäger. Nur weil mal eine Mütze oder Kette nicht ausgezeichnet sind, soll ich nun 800 Euro bezahlen." Das sei die reinste Abzocke, sagte die Geschäftsfrau.

Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg, weist die Kritik der Einzelhändler zurück: "Das ist ein ganz normaler Vorgang. Die Geschäftsleute haben sich verpflichtet, die Ware auszuzeichnen, und dagegen verstoßen. Deshalb durften wir nach eigenem Ermessen eine Vertragsstrafe festlegen."

Das stimmt: Bereits bei Überprüfungen in 2009 hatte die Verbraucherzentrale die Geschäfte wegen fehlender Preisauszeichnung in den Schaufenstern abgemahnt. Damals bezahlten Beck und Pahl-Thiede die "Kosten der Abmahnung" in Höhe von jeweils 160,50 Euro und unterschrieben eine Unterlassungserklärung.

In dieser war auch von der Vertragsstrafe die Rede: "In diesen Fällen handelt es sich um Wiederholungstäter. Die Vertragsstrafe dient auch zur Abschreckung", sagt Verbraucherschützer Hörmann. Die Höhe der Strafe richte sich nach der Größe des Geschäfts.

Für die Verbraucherzentrale sind die Abmahnungen wegen Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung ein florierendes Geschäft: "Wir haben in den vergangenen drei Jahren rund 800 Geschäfte abgemahnt. In den meisten Fällen wurden dann auch die Kosten für die Abmahnung in Höhe von 150 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer fällig."

Eine Vertragsstrafe, weil die Geschäfte nach der Abmahnung wieder gegen die Preisangabenverordnung verstießen, sei in etwa zehn Fällen der Fall gewesen: "Eine große Fast-Food-Kette musste 35 000 Euro bezahlen, weil wiederholt Produkte nicht mit Preisen ausgezeichnet waren"; sagt Hörmann.

In der Nachbarschaft von Michael Beck gibt es mehrere "Wiederholungstäter". Einer davon ist Veikko Harder, der den "Picaldi"-Jeansshop im Mundsburg-Center betreibt. Auch er bekam kurz vor Silvester Post von der Verbraucherzentrale und soll 800 Euro bezahlen: "Eine Strafe von 800 Euro für drei nicht ausgezeichnete Gürtel im Schaufenster, das ist schon rekordverdächtig. Ich habe zwar einen Fehler gemacht, aber das ist nicht mehr verhältnismäßig." Die Vertragsstrafe will der Unternehmer nicht bezahlen: "Mit dieser Fantasieforderung kommen die bei mir nicht durch."

Auch Ulf Kalkmann, Geschäftsführer der Fachverbände des Hamburger Einzelhandels, kennt solche Fälle: "Der Verbraucherzentrale ist rechtlich nichts vorzuwerfen. Aber die Vertragsstrafen sollten sich in Grenzen halten. Wir reden hier von ein paar fehlenden Preisschildern und keinem Verbrechen. Meist ist es noch nicht einmal die Absicht der Händler, ihre Ware nicht auszuzeichnen, sondern es fällt auch eben mal ein Schild ab."

Bei der Handelskammer hatten sich wiederholt Einzelhändler über die Abmahnpraxis der Verbraucherzentrale beschwert. Auch die Vertragsstrafen waren dabei ein Thema. "Das ist für die Betroffenen sehr ärgerlich. Aber wer eine Unterlassungserklärung abgibt und dagegen verstößt, den kann die Verbraucherzentrale zur Kasse bitten", sagt Otto Kiehl, Wettbewerbsexperte der Handelskammer.

Für Hörmann steht fest: "Die Verbraucher haben ein Recht auf Preistransparenz. Seit unserer Aktion ist die Preisauszeichnung in Hamburger Geschäften deutlich besser geworden. Wir werten das als Erfolg."