Kritik an der Gema, die von Kindergärten eine Kinderlieder-Gebühr einfordert will. Die VG Musikedition verteidigt diesen Vorstoß.

Hamburg. Da ist noch Musik drin: Während sich die Träger der insgesamt 997 Hamburger Kitas darüber empören, dass für Kopien von Notenblättern und Liedtexten Gema-Gebühren gezahlt werden sollen (wir berichteten), verteidigt der Hamburger Musikverleger Axel Sikorski diesen Vorstoß.

Als Präsident der Verwertungsgesellschaft (VG) Musikedition, in deren Auftrag die Gema die Gebühren einfordert, hält er es für unabdingbar, dass Musikschulen und Kindergärten "endlich eine angemessene Vergütung für das massenhafte Kopieren", das für Musikverlage jährlich Umsatzverluste in zweistelliger Millionenhöhe bedeute, zahlen. "Wenn die Kinder mittags in der Kita Äpfel essen, dann bekommt der Obsthändler doch auch Geld für seine Ware. Und wenn gebastelt wird, dann muss das Material auch eingekauft werden", sagt Axel Sikorski. Nun etwa zehn Cent pro kopierten Liedtext abzuführen sei nur der "Versuch einer kleinen Kompensation", dem bundesweit schon etwa 6000 Kindergärten nachkämen.

Früher seien die Eltern von Kindergartenkindern aufgefordert worden, Liederbücher anzuschaffen, heute biete die VG Musikedition eben Lizenzmodelle in verschiedenen Staffelungen an: Für bis zu 500 Kopien jährlich sind 56 Euro plus Mehrwertsteuer abzuführen, für bis zu 1000 Kopien sind es 112 Euro. "In die frühkindliche Musikförderung fließt für mich als Musikverleger natürlich besonders viel Herzblut", sagt Axel Sikorski. Doch gehe es auch darum, das Gesetz einzuhalten und geistiges Eigentum zu schützen, so der Hamburger, der auch die Werke des Liedermachers Rolf Zuckowski verlegt. Dessen Hits, darunter "In der Weihnachtsbäckerei", "Wie schön, dass du geboren bist" oder "Du da im Radio", zählen schon seit fast drei Generationen zu den beliebtesten Kinderliedern und werden auch in Hamburger Kitas oft gesungen.

Zuckowski, der unter anderem mit seinem Verein Elbkinderland musikalische Begegnung verschiedener Kinderchöre entlang der Elbe fördert, hat eine gespaltene Haltung zu den Gema-Gebühren für Kindergärten. In den Bereichen Kindergarten und Schule müsse eine "fein ausgewogene Balance" zwischen der Wahrnehmung des Urheberrechts und der sozialen Verantwortung durch die Autoren und ihre Verlage sowie die Verwertungsgesellschaften geben. "Es bringt nichts, wenn die Erzieher jetzt völlig verunsichert sind und nur noch traditionelles Liedgut mit den Kindern einstudieren." Denn: 70 Jahre nach dem Tod eines Komponisten erlischt das Urheberrecht, das ihm nach Paragraf 15 des Urheberrechtsgesetzes das alleinige Vervielfältigungsrecht für sein Werk zugesteht. Dass das öffentliche Bewusstsein für das Urheberrecht gestärkt werde, begrüßt der Musikproduzent grundsätzlich. "Die im Urheberrechtsgesetz explizit festgeschriebene grundsätzliche Untersagung, Werke der Musik zu kopieren, halte ich für unverzichtbar, um den Autoren in ihrer ganzen Bandbreite nicht den angemessenen Lohn für ihre Arbeit vorzuenthalten", sagt Rolf Zuckowski.

Von den etwa zehn Cent, die pro Liedtext-Kopie fällig sind, gehen nach Abzug der Verwaltungsgebühren etwa sieben Cent an den Urheber, schätzen Experten. "In den Schulen ist eine solche Abgabe bundesweit längst akzeptiert", sagt Axel Sikorski, "da übernehmen die Kultusministerien den Beitrag." Das bestätigt auch Jan Bruns, Sprecher der Hamburger Schulbehörde, die bereits 1990 einen Rahmenvertrag - ausgehandelt von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mit der Gema - unterschrieben hat. "Demnach dürfen Schulen urheberrechtlich geschützte Musikwerke vervielfältigen und aufführen, ohne dafür zu zahlen."

An einer solchen bundesweit einheitlichen Regelung ist die Hamburger Sozialbehörde auch für Kitas schnellstmöglich interessiert. Sprecherin Julia Seifert betont, dass man derzeit das Gespräch mit den anderen 15 Bundesländern suche: "Bei der Besprechung Ende Januar wird das Thema diskutiert und die Möglichkeit einer einheitlichen Regelung für Kitas ausgelotet."

Kritik kommt im Wahlkampf von den Liberalen: "Wenn die Sozialbehörde erst jetzt Rahmenverträge anderer Länder vergleicht, um für Hamburger Eltern und Kinder verantwortlich zu handeln, kann das nur als Hilfeschrei vor dem Untergang verstanden werden", sagt Martina Kaesbach, sozialpolitische Sprecherin der FDP Hamburg.

Insgesamt hatte die Gema, die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, im vergangenen Geschäftsjahr 841 Millionen Euro eingenommen, von denen nach Abzug der Verwaltungskosten rund 713 Millionen Euro an die mehr als 60 000 in der Gema organisierten Komponisten und Liedtexter verteilt wurden. Den größten Anteil machten mit 287 Millionen Euro Einnahmen aus Rundfunk und Fernsehen aus. Beispiel: Ein dreiminütiges Musikstück in einer ARD-Fernsehausstrahlung bringt rund 457 Euro an Tantiemen ein.

Wenn Kinder singen, so meinen jedenfalls Eltern und Kita-Träger, sollte die Freude der reine Gewinn sein.