Eine Glosse von Hanna-Lotte Mikuteit

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Gerade sechs Wochen ist es her, dass Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) die tiefe Wahrheit dieses viel bemühten Gorbatschow-Satzes erfuhr. In einer Bürgerschaftssitzung hatte er seine Rede versäumt, weil er sich nicht rechtzeitig angemeldet hatte. Gestern musste er erleben, dass das auch im umgekehrten Sinn gilt.

Beherzt hatte er sich in der Debatte über die "Beibehaltung der Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen" zu Wort gemeldet. Die positive Entwicklung des Arbeitsmarkts in Hamburg , die bedauerlichen Kürzungen der Bundesförderungen für Langzeitarbeitslose - der Senator war in seinem Element. Und so dauerte es fast fünf Minuten, bis im nahezu entvölkerten Plenarsaal auffiel, dass da irgendetwas nicht stimmte.

Parlaments-Vizepräsidentin Barbara Duden war es schließlich, die einschritt. Das Gesagte trage nicht unbedingt zur Sache bei, unterbrach sie den Redefluss mit sanfter Stimme. Ob der Senator eventuell in der Tagesordnung verrutscht sei. Karan entschuldigte sich kleinlaut und verzog sich hinter den Aktenstapel auf der Senatorenbank.

Immerhin bekam er an diesem Abend eine zweite Chance. Als "sein" Tagesordnungspunkt dran war, stand er wieder am Rednerpult. "Ich bitte um Nachsicht", entschuldigte er sich bei den Volksvertretern, aber er "lerne noch". Die Chancen stehen gut. Einmal zu spät, einmal zu früh - beim nächsten Mal sollte es klappen.