Die Stadtentwicklungsbehörde einigt sich mit der Künstlerinitiative auf ein gemeinsames Entwicklungskonzept

Neustadt. Die Broschüre ist mit 165 Seiten dick wie ein Buch, reich bebildert und das Ergebnis eines 300 000 Euro teuren Prozesses. Das gewichtige Werk aus der Baubehörde stellt die Einigung der Gängeviertel-Künstler mit der Stadt dar. Und wird von Bausenatorin Anja Hajduk als "konstruktiv und beispielgebend" beurteilt.

Wenn die anderen Behörden dem "Integrierten Entwicklungskonzept" zustimmen, kann der Senat alles absegnen, und im kommenden Jahr dürfte dann die Sanierung des Gängeviertels beginnen. Die Broschüre gehört zu einer Senatsvorlage, in der die Eckpunkte festgelegt sind: Im Prinzip wird das Viertel in den alten Zustand mit 79 preiswerten Wohnungen und Gewerbe versetzt. Nur: In den Wohnungen sind jetzt auch Ateliers möglich. In den Erdgeschossen können Gewerbebetriebe wie Galerien, (Kunst-)Werkstätten, Handel und Geschäfte des täglichen Bedarfs eingerichtet werden. Weiterhin soll im Hauptgebäude, der "Fabrik", ein Veranstaltungszentrum für "Kunst, Kultur und Soziales" entstehen. Die Stadtentwicklungsgesellschaft "steg Hamburg mbH" soll als Träger die Oberhoheit im Quartier haben.

Die Stadtentwicklungsbehörde betont, dass zwar noch Detailfragen zu klären seien, doch "der Entwurf des gemeinsam mit der Gängeviertel-Initiative erarbeiteten Entwicklungskonzeptes zeigt den Weg auf für die weitere Entwicklung des Viertels zu einem lebendigen und kreativen Ort mitten in Hamburgs Innenstadt", sagt Anja Hajduk dem Abendblatt. Dass Stadt und Initiative auch diesen "wichtigen weiteren Schritt gemeinsam geschafft" hätten, sei "insbesondere der beiderseitigen konstruktiven Zusammenarbeit" zu verdanken. Hajduk: "Diese Form des konstruktiven Miteinanders und Engagements ist beispielgebend für eine erfolgreiche Stadtentwicklung in Hamburg." Auch Kultursenator Reinhard Stuth begrüßt die Einigung.

Die Künstler-Initiative will sich zum dem Konzept noch nicht äußern. "Wir möchten zunächst ein Gespräch mit Senatorin Hajduk führen", sagt Sprecherin Christine Ebeling. Markus Schreiber, Bezirksamtsleiter Mitte, hält das Konzept für eine gute Lösung: "Es hat die große Chance, eine Mischung von Wohnen, Künstlerquartier und Veranstaltungsort zu verwirklichen."

Und so sieht die Einigung aus:

Geld In den kommenden acht Jahren will Hamburg 20 Millionen Euro für die Sanierung ausgeben. Der Löwenanteil soll aus der Städtebauförderung kommen. Geld soll auch die Europäische Union geben. Ein sechsstelliger Betrag ist allein für die historischen Fenster vorgesehen, weil deren Sanierung besonders sensibel und denkmalgerecht erfolgen soll. "Weiterhin erwarten wir auch Spender oder Sponsoren", sagt Enno Isermann, der Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde.

Recht Das Gängeviertel wird mit dem Senatsbeschluss zum "Sanierungs- und Stadtumbaugebiet" erklärt, geht treuhänderisch in den Besitz der Stadtentwicklungsgesellschaft "steg" und fällt nach Beendigung der Sanierung wieder an die Stadt.

Struktur Neben Künstlern sollen auch Familien ins Viertel ziehen. Die Wohnungen werden vom Träger steg verwaltet. Die Künstlerinitiative hat bei der Vergabe der Wohnungen ein Vorschlagsrecht und wird von der steg "bevorzugt" behandelt. Anders sieht es mit den Gewerbeimmobilien aus. Das sind die Erdgeschoss-Geschäfte, ein weiteres Gebäude und das ganze Zentral-Gebäude ("Fabrik"). Beides betreibt die Künstlerinitiative mit einer Genossenschaft, die gerade gegründet wird, in Eigenregie.

Bau Alle Häuser des Viertels werden erhalten und als Vorzeigeobjekt des Denkmalschutzes aufwendig saniert. Das Denkmalschutzamt "befürwortet insbesondere die Erhaltung der Innenraumzuschnitte und Treppenhäuser samt erhaltener bauzeitlicher Ausstattungen und auch der historischen Flächen im Außenraum". Die Freiflächen in dem historischen Viertel sollen hergerichtet und öffentlich zugänglich gemacht werden.

Zeitplan Der Konzeptentwurf ist am Freitag "in die Abstimmung" gegangen. 20 Arbeitstage haben andere Behörden und Ämter Zeit, sich dazu zu äußern. Ende Dezember oder Anfang Januar soll das Konzept dann vom Senat beschlossen werden. Im Frühjahr 2011 können die Bauarbeiten im Gängeviertel beginnen.