Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Die Bayern hatten zuletzt regelmäßig gewonnen, die Tabellenspitze ist mit dem Fernglas bereits wieder schemenhaft zu erkennen, und es war dann auch kein Wutausbruch, es war Kalkül, als Uli Hoeneß Trainer Louis van Gaal im Pay-TV-Sender Sky mit erstaunlich ruhiger Stimme verbal zerlegte. In jedem anderen Betrieb hätte der öffentliche Frontalangriff des Chefs auf einen leitenden Angestellten wohl nur eine Konsequenz - die sofortige Trennung in gegenseitigem Einvernehmen samt hoher Abfindung. Hoeneß hatte van Gaal nicht nur Selbstherrlichkeit und Beratungsresistenz vorgehalten, sondern auch dessen fachliche Qualitäten infrage gestellt. Vernichtender kann ein Arbeitszeugnis nicht ausfallen.

Auf den zweiten Blick gerät Hoeneß' Attacke zum Hilfeschrei eines Machtlosen. Seit Hoeneß vor einem Jahr vom Regisseursessel des Managers auf den Repräsentantenthron des Präsidenten rotierte, hat seine Stimme beim FC Bayern an Gewicht verloren. Das scheint nur schwer zu ertragen für einen, der 30 Jahre lang Frontmann eines der erfolgreichsten Fußballklubs der Welt war. Heute hört kaum noch jemand auf ihn, schon gar nicht einer wie van Gaal, den Hoeneß holte, weil der ist, wie er ist: stur, geradlinig, mit dem Kopf durch die Wand. Hoeneß wusste, oder er hätte es wissen müssen, dass er keinen Einfluss auf ihn wird nehmen können, wie er es auf all dessen Vorgänger konnte. Denn der wahre Trainer beim FC Bayern hieß eigentlich immer Hoeneß.

Der hat nun zum letzten Gefecht geblasen - denn van Gaal hatte mit der Degradierung von Demichelis, Gomez und Timoschtschuk auch Hoeneß' Kompetenz attackiert. Die des Managers, der die drei einst für mehr als 50 Millionen Euro Ablöse zum FC Bayern geholt hatte. Bleibt als schlichtende Erkenntnis: Der Uli ist doch nicht so ahnungslos, wie der Louis glaubt. Und damit könnte man wieder zum Fußballspielen übergehen.