Konrad Freiberg, 59, ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Hamburger Abendblatt:

1. Der Polizei ist ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität geglückt. Fünf Mitglieder der italienischen Camorra sind in Hamburg und Neapel verhaftet worden. Wie weh tut der Mafia diese Aktion wirklich?

Konrad Freiberg:

Das ist nur ein kleiner Nadelstich. Weil uns im Bereich der organisierten Kriminalität Ermittlungserfolge fehlen, freuen uns solche Festnahmen umso mehr. Leider gilt Deutschland noch immer als gelobtes Land der Mafia, Hamburg, wo zahlreiche italienische Landsleute leben, als eine ihrer Stützpunkte.

2. Hamburg, Stützpunkt der Mafia - muss man das hinnehmen? Tut die Polizei zu wenig?

Freiberg:

Nein, sicherlich nicht. Wir tun unser Bestes. Ich kann es nur wiederholen: Obgleich der Polizei Personal an allen Ecken und Enden fehlt, wird sie mit immer neuen Aufgaben bombardiert. Und dann werden Beamte, die auf organisierte Kriminalität spezialisiert sind, plötzlich in Anti-Terror-Abteilungen gesteckt! Die fehlen natürlich im Kampf gegen die Mafia.

3. Ist die Polizei in der Lage, Mafiastrukturen zu durchdringen und nachhaltig zu bekämpfen?

Freiberg:

Es ist sehr, sehr schwierig. Weil sich geschnappte Mafiosi an die Omerta, das Schweigegelübde, halten, und Zeugen oft eingeschüchtert werden, erhalten Sie so gut wie nie Aussagen von Zeugen oder Komplizen. Den Mafia-Sumpf trockenzulegen erfordert Geduld, gerade wenn man die Hintermänner kriegen will. Die Ermittlungen sind langwierig, können Jahre dauern, kosten viel Geld und setzen eine gute internationale Zusammenarbeit voraus.

4. Wie gefährlich ist die organisierte Kriminalität in Deutschland?

Freiberg:

Allein der volkswirtschaftliche Schaden, den italienische Banden durch Produkt- und Markenpiraterie verursachen, liegt bei jährlich rund 30 Milliarden Euro. Nur wer nimmt das wahr? Leider gerät das Thema nur dann in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, wenn sich mal wieder eine besonders brutale Tat ereignet hat. Die Kriminellen gehen allerdings recht geschickt vor, sie wollen um keinen Preis auffallen. Beispiel: Da haben die Rockergangs Hells Angels und Bandidos kürzlich einen lächerlichen Friedensvertrag geschlossen - nur um so den Strafverfolgungsdruck zu reduzieren und weiter in Ruhe ihren Machenschaften nachzugehen.

5. Was ist nötig, um den Vormarsch der organisierten Kriminalität zu stoppen?

Freiberg:

Zumindest müssen wir technologisch Schritt halten können. Mit dem Ende der Vorratsdatenspeicherung genießen die Kriminellen doch nahezu Narrenfreiheit im Internet.