Eine Glosse vonChristian-A. Thiel

In unserer Vorstellung, unterfüttert durch James-Bond-Filme und Agententhriller von John le Carré, müssen die Männer von den geheimen Diensten böse Verschwörer jagen, retten nebenbei die Welt und dürfen zur Belohnung die schönsten Frauen, nun ja, zum Essen ausführen.

Jetzt lernen wir: Man kann nicht früh genug damit anfangen. Die Welt ist schlecht, die Demokratie in Gefahr, das Böse ist immer und überall, sogar in der Schule.

Stellen Sie sich vor, Ihre Tochter kommt aus der Schule und weiß zu berichten: "Mama, Niklas ist ein Linksradikaler!" Warum? "Der hat mir mein Schulbrot aufgegessen!" Und der freche Kevin, der die muslimische Freundin Ihres Sprösslings im Unterricht geneckt hat, müsste demzufolge ein Rechtsextremer sein.

Die Schule, bisher Hort für Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen, lehrt jetzt in Niedersachsen auch Extremismus. "Altersgerecht", wie es heißt. Die Schlapphüte vom Verfassungsschutz kommen persönlich in Grund- und höhere Schulen und haben Fibeln, Comics und Planspiele im Gepäck. Und das schon, bevor die meisten Pennäler im Lateinunterricht oder aus dem großen Stowasser gelernt haben, dass extremus so viel wie das Entfernteste oder das Äußerste bedeutet und extreme Auslegungssache ist.

Was kommt als Nächstes? Die Überwachung schwer erziehbarer Kinder, weil aus ihnen mal zündelnde Autonome werden könnten? Rasterfahndung für alle Schüler, die aus ihren Heften Papierflieger gebastelt haben? Wegsperren jugendlicher Raufbolde, wenn die Jungs mal wieder in der Botanik des Schulhofs das Recht des Stärkeren austesten? Nicht dass ein Schüler seinen Klassenkameraden künftig im Jugendknast besuchen muss, nur weil er bei der Klassenarbeit abgeschrieben hat.

Aber trösten wir uns: "Bildung ist, was übrig bleibt, wenn man alles, was man in der Schule lernte, vergessen hat." Sagte Albert Einstein. Und der musste es wissen.