Ein Kommentar von Ulf B. Christen

In den Sonntagsreden der Politiker ziehen Hamburg und Schleswig-Holstein stets zum Wohle der Bürger an einem Strang. Mit der Wirklichkeit haben solche Nordstaathymnen immer weniger zu tun. Angesichts leerer Kassen lassen beide Länder kaum eine Gelegenheit aus, um den Nachbarn über den Tisch zu ziehen. Bestes Beispiel ist der neue Streit um das Gastschulabkommen. Hamburg beklagt bitterlich, dass Schleswig-Holstein die Verhandlungen abgebrochen hat und für seine Schüler in der Metropole nicht bezahlen will. Schleswig-Holstein gibt den Schwarzen Peter zurück. Hamburg habe trotz Mahnung seine Hausaufgaben nicht gemacht. So fehle der Nachweis, wie viele Kinder aus der Metropole im Umland in Pflegefamilien wie Heimen untergebracht sind und in Schleswig-Holstein teuer beschult werden müssen.

Das Ende des Streits um Gastschüler, Heimkinder und Millionen lässt sich erahnen. Beide Länder werden in letzter Minute mit Ach und Krach ein Folgeabkommen schließen und darin das Schultor zwischen den Ländern so weit wie möglich schließen. Opfer der Kleinstaaterei sind Schüler und Eltern, vor allem in Schleswig-Holstein, aber auch in Hamburg. Dabei gibt es einen anderen Weg. Beide Länder könnten ihre Schulen öffnen und nach dem Vorbild von Städten und Umlandgemeinden in Schleswig-Holstein abrechnen.

Das Schulabkommen ist aber nur ein Beleg für den zunehmenden Länderkrach. Schleswig-Holstein will im Umland Frauenhäuser schließen mit der Begründung, dort fänden vor allem Gewaltopfer aus Hamburg Schutz. Hamburg wiederum scheiterte vor Kurzem mit seinem Versuch, einen ehemals sicherungsverwahrten Sexualstraftäter im Umland einzuquartieren. Kurzum: Die Politiker sollten bedenken, dass auch jenseits ihres Kirchturms Menschen leben.