Der Islamwissenschaftler Prof. Udo Steinbach, 67, leitete bis 2007 das Deutsche Orient-Institut in Hamburg.

1. Hamburger Abendblatt:

Erstmals bei Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern werden auch heiße Eisen wie Fragen zu Grenzen, den Flüchtlingen und der Status Jerusalems angesprochen. Ist das ein vielversprechender Ausblick?

Udo Steinbach:

Nein, das ist erst nur die Agenda, über die verhandelt werden muss. Für die israelische Seite ist dies ein großes Problem, da sie Verhandlungen zu zwei dieser Themen bisher ausgeschlossen hat. Zum einen die Ostjerusalemfrage, denn noch immer gilt der Knessetbeschluss von 1980 über Jerusalem als einheitliche und unteilbare Hauptstadt Israels; der andere Knackpunkt ist die Frage des Rückkehrrechts der palästinensischen Flüchtlinge.

2. Sind das unüberwindbare Hindernisse in den aktuellen Friedensgesprächen in den USA?

Wenn die Positionen auf beiden Seiten ideologisch geführt werden, dann sind sie in der Tat unüberwindbar. Man kann sie aber auch pragmatisch sehen und dann zu Kompromissen kommen.

3. Machen Hass, Misstrauen, Gewalt und Gegengewalt über Jahrzehnte einen Frieden inzwischen unmöglich?

Nein, denn beide Seiten brauchen einen Frieden. Die Palästinenser, um die Einheit dessen sicherzustellen, was von Palästina noch geblieben ist; auf der israelischen Seite ist der Frieden notwendig, um radikalen Kräften den Wind aus den Segeln zu nehmen, die grundsätzlich die Existenz Israels infrage stellen und die immer stärker geworden sind.

4. Können die Gegner innerhalb der Blöcke, wie die Siedler und die Hamas, nicht jede Friedensvereinbarung torpedieren?

Ja, das versuchen sie auch, wie Anschläge zeigen. Aber wenn beide Seiten die Bedingungen einer Friedenslösung akzeptieren, also der israelische Ministerpräsident und der palästinensische Führer, dann entzöge das den jeweils Radikalen deren Argumente. Die Radikalen auf beiden Seiten werden mittelfristig keine Chance haben, wenn die Verhandlungsführer einen Kompromiss finden und die internationale Gemeinschaft stark auftritt und die Parameter einer Vereinbarung vorgibt.

5. Würden die Friedenschancen steigen, wenn die Hamas mit am Verhandlungstisch säße?

Ja, ganz gewiss. Das ist eine der vielen verpassten Chancen auf beiden Seiten. Zum Beispiel, dass man der Hamas im Januar 2006, als sie nach demokratischen Wahlen als Siegerin hervorgegangen war, damals die Legitimation abgesprochen hat und sie in der Ecke stehen ließ. Das war der Anfang einer tiefen Spaltung.