1. Hamburger Abendblatt:

Die Lage in Pakistan wird offenbar von Tag zu Tag dramatischer. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation vor Ort?

Jürgen Klimke:

Das Land ist in die Steinzeit zurückgeschwemmt worden, die Lebensgrundlagen einer Fläche so groß wie die Hälfte von Deutschland wurden in allen notwendigen Bereichen zerstört. Noch dramatischer ist, dass jetzt Krankheiten und Seuchen durch das nicht abfließende Wasser hinzukommen. Die internen aktuellen Berichte des Auswärtigen Amtes lassen erkennen, dass die Regierung und das Militär Pakistans die Lage nicht kontrollieren.

2. Welchen Hilfsbeitrag kann Deutschland, können die Deutschen jetzt leisten?

Die Bereitschaft zum Spenden ist inzwischen gewachsen. Aber notwendig ist auch, dass die Bundesregierung die Sofortmittel für Pakistan über die bereits gezahlten 25 Millionen Euro weiter anhebt. Zudem müssen die deutsche technische Hilfe und Know-how des THW nach Pakistan eingeflogen werden. Deutschland spielt außerdem einen wichtigen Part beim mittelfristigen Wiederaufbau, gerade im Hinblick auf die strategische Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit Pakistan und Afghanistan.

3. Ist es überhaupt sicher, dass Spendengelder die Bedürftigen erreichen?

Die Spendengelder, die derzeit an das deutsche Aktionsbündnis gehen, werden durch versierte deutsche Organisationen in aktive Hilfe umgesetzt. Alle Organisationen haben das seriöse "Spendensiegel". Daher kann jeder sicher sein, dass sein Geld auch ankommt.

4. Unterstützen wir mit Spenden letztlich nicht bloß das politische System und die Taliban?

Wie gesagt bekommen die Taliban nichts von unseren Spendengeldern. Nichtsdestotrotz profitieren sie von der Katastrophe in einem gefährlich hohen Maß. Die Schwäche der aktuellen Regierung und die fehlende Organisation des in Pakistan sonst so starken Militärs lassen Schlimmstes befürchten. Denn die Taliban schaffen von ihren Basen in den Bergen Nahrungsmittel zu den Betroffenen und unterlegen diese Hilfe mit gefährlicher Propaganda. Hass und Enttäuschung auf die Eliten in Pakistan brechen sich immer mehr Bahn. Dies ist ein weiterer Grund, warum die Weltgemeinschaft helfen muss. Die Atomwaffen Pakistans dürfen niemals in die Hände mächtiger Taliban gelangen.

5. China hält sich als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt mit Hilfe auffallend zurück. Kann der Westen das akzeptieren?

Ich möchte China nicht kritisieren. Das Land kämpft gerade mit dramatischen Naturkatastrophen, bei denen fast alle eigenen Hilfsressourcen gebunden sind. Gleichzeitig leistet China seinen geldwerten Beitrag über die Soforthilfemittel der Weltbank und der Uno.

Die Fragen stellte Florian Kain