Beim Bürgerentscheid stimmte die Mehrheit gegen den Neubau des Bürogebäudes. Politiker wollen nun die Volksgesetze überarbeiten.

Die Eimsbütteler haben entschieden: An der Hoheluft wird kein Kontorhaus gebaut. Beim Bürgerentscheid über das sechsstöckige Büro- und Geschäftsgebäude stimmten 68,66 Prozent der 45 183 Wähler bei der Stichfrage für die Vorlage des Bürgerbegehrens der Isebek-Initiative. Da sowohl die Vorlage des Bürgerbegehrens als auch die der Bezirksversammlung angenommen wurden, war schließlich das Ergebnis der Stichfrage entscheidend. Die Wahlbeteiligung bei dem rund 200 000 Euro teuren Bürgerentscheid lag bei 23,34 Prozent.

"Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist traurig für Eimsbüttel", sagt Niels Böttcher von der Eimsbütteler CDU. Viele hätten nicht verstanden, dass es bei dem Bürgerentscheid nur um ein Haus und nicht darum geht, die Isebek plattzumachen. "Generell sind Bürgerentscheide das falsche Instrument, wenn es um Bauvorhaben geht", sagt Böttcher. "Die Forderungen aus dem Baugesetzbuch sind nicht kompatibel mit den Möglichkeiten eines Bürgerbegehrens." Deshalb fordere er, dass das Gesetz für Bürgerbegehren überarbeitet werde. "Das ist dringend nötig."

Auch Eimsbüttels SPD-Fraktionschef Rüdiger Rust sieht Handlungsbedarf. "Hier laufen Gesetze gegeneinander. Schließlich gibt es bei jedem Bebauungsverfahren ohnehin eine intensive Bürgerbeteiligung." Dass das Kontorhaus, das auch vom Naturschutzbund befürwortet wurde, nun nicht gebaut werde, sei eine vertane Chance. "Jetzt bleibt die Ecke so hässlich, wie sie ist."

Das sieht Harald Duchrow von der Isebek-Initiative, nach dessen Ansicht das geplante Bürogebäude einen wichtigen Biotopverbund zerstört hätte, anders. Es sei jetzt die Pflicht des Bezirksamts, den Bürgerentscheid umzusetzen und auf dem Gelände, das durch ein Fast-Food-Restaurant, einen Bunker und einen Parkplatz geprägt ist, eine öffentliche Grünfläche zu schaffen. Duchrow: "Wenn das Bezirksamt nicht tätig wird, werden wir Dampf machen."

Handlungsbedarf sieht Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD), der der Bürgerinitiative gestern zum Erfolg beim Bürgerentscheid gratulierte, nicht: "Die Konsequenz des Ergebnisses ist, das alles beim Alten bleibt." Für das Bezirksamt sei der Vorgang erledigt.

"Dass Herr Duchrow auf der bereits versiegelten Fläche einen Park will, ist weder rechtlich noch finanziell machbar", sagt CDU-Bezirkspolitiker Niels Böttcher. Die Fläche gehöre der Stadt. "Deshalb hat der Bezirk nicht die Kompetenz, darüber zu verfügen. Er kann nur Empfehlungen abgeben." Er rechne damit, dass sich die Bürgerinitiative damit nicht zufrieden geben und ein weiteres Bürgerbegehren starten werde.

Torsten Koch, Inhaber und Geschäftsführer von Bauplan Nord - des möglichen Investors des Hoheluft-Kontors - reagierte fassungslos, als er vom Ergebnis des Bürgerentscheids erfuhr. "Das ist unglaublich. Die Dimension, die hinter dieser Entscheidung steht, ist dramatisch." Schließlich könnte sich mit anderen Projekten dasselbe Szenario jederzeit wiederholen. "Man läuft Gefahr, dass eine Minderheit der Bürger Bauprojekte kippt", sagt Koch. "Das ist nicht im Sinne des Allgemeinwohls." Er hoffe, dass in Sachen Hoheluft-Kontor nun die Bürgerschaft eingreife. "Und ich bin dafür, dass dieses unsinnige Gesetz für Bürgerbegehren gekippt wird."

Die Verfassungsexperten der Bürgerschaft verfolgen die Entwicklung in den Bezirken genau. Im April hatten sich die Vertreter der vier Fraktionen, die Initiative "Mehr Demokratie" sowie Bezirkspolitiker zum ersten Rathausgipfel in Sachen Bürgerentscheide getroffen. Nach der Sommerpause will die Gruppe einen Entwurf für ein Bürgerentscheidsgesetz vorlegen, in dem Konsequenzen aus den Erfahrungen mit der Bürgerbeteiligung auf Bezirksebene gezogen werden. Bislang sind alle Regelungen zu den vom Volk 1998 direkt beschlossenen Bürgerbegehren und -entscheiden im Bezirksverwaltungsgesetz enthalten.

"Die Entscheidung in Eimsbüttel werden wir in unsere Gespräche mit aufnehmen", sagt der GAL-Verfassungsexperte Farid Müller, der den Rathausgipfel ins Leben gerufen hatte. "Möglicherweise fühlten sich nicht alle Eimsbütteler ausreichend informiert, warum sie an der Isebek-Abstimmung teilnehmen sollten." Unter anderem geht es in den interfraktionellen Gesprächen über ein Bürgerentscheidsgesetz nach Informationen des Abendblatts um eine verbesserte Zulässigkeitsprüfung von Initiativen. Außerdem soll geprüft werden, ob die Bezirksversammlung das Recht erhalten soll, zwei gegenläufige Bürgerbegehren zu einem zusammenzufassen. Beim Streit um die Ikea-Ansiedlung in Altona gab es zwei konkurrierende Bürgerentscheide.

Die Einführung von Beteiligungsquoren bei Bürgerentscheiden ist dagegen eher unwahrscheinlich. "Wer nachträglich Quoren einführt, verstößt gegen den Geist der Volksgesetzgebung", sagte der SPD-Verfassungspolitiker Andreas Dressel. Vielmehr müsse es darum gehen, alle zu motivieren, an der kommunalpolitischen Auseinandersetzung teilzunehmen.