Die geplante Luftverkehrsabgabe gefährdet Arbeitsplätze am Hamburger Flughafen. 360 Jobs könnten laut Michael Eggenschwiler wegfallen.

Hamburg. Kaum hat der Luftverkehr seine bislang schwerste Branchenkrise und zudem noch den Rückschlag durch die Aschewolke überwunden, führt der Kurs schon wieder in heftige Turbulenzen: Die von der Bundesregierung geplante Luftverkehrsabgabe bedroht den Aufschwung an Flughäfen und bei den Fluggesellschaften.

"Da wird eine Branche abgezockt", sagt Hamburgs Flughafenchef Michael Eggenschwiler dem Abendblatt . "Wir sehen ein, dass gespart werden muss. Aber dies wirkt wie eine Ohrfeige für einen Wirtschaftszweig, der wächst und der auch in der Krise keine Staatshilfen erhalten hat." Die Sondersteuer soll im nächsten Jahr eine Milliarde Euro einbringen und bei den Flughäfen für jeden abfliegenden Passagier eingetrieben werden. Bei der angespannten Wirtschaftslage der Fluggesellschaften sei jedoch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Abgabe direkt an den Verbraucher weitergereicht wird - was den Ticketpreis pro einfacher Strecke nach Branchenschätzungen um bis zu 15 Euro erhöhen würde. "Allein in Hamburg werden 60 Millionen bis 75 Millionen Euro gezahlt", erklärt Eggenschwiler - gemessen am Jahresumsatz des Flughafens von rund 230 Millionen Euro ein erheblicher Betrag.

Für die Fluggäste bedeute dies konkret: Eine Familie mit zwei Kindern müsste für einen Flug von Hamburg nach München und zurück zwischen 60 und 120 Euro zusätzlich zahlen - "für die meisten nicht machbar". Der Flughafenverband ADV, dessen Präsident Eggenschwiler ist, prognostiziert daher einen Rückgang der Passagierzahlen von drei Prozent. Damit stünden unmittelbar bis zu 10 000 Jobs in Deutschland auf dem Spiel. "Auch in Hamburg sind in entsprechendem Ausmaß Arbeitsplätze gefährdet", sagt Eggenschwiler. Dabei hängen nach Angaben der Verkehrsexperten des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) von je einer Million Passagieren direkt 1000 Jobs am Flughafen und indirekt weitere 2000 Stellen in der Region ab. Gemessen daran würde ein Rückgang der Fluggastzahl um drei Prozent in Hamburg direkt 360 Arbeitsplätze und indirekt weitere 720 bedrohen.

Aus Sicht von Eggenschwiler ist die geplante Flugsteuer eine willkürliche Maßnahme: "Wenn man Mobilität besteuern will - was aber im Gegensatz zu den Aussagen im Koalitionsvertrag stünde -, ist nicht einzusehen, warum einseitig der Luftverkehr belastet wird." Damit bringe die Regierung die Branche vom Erholungskurs ab. Erst im vergangenen Jahr seien aber allein am Hamburger Flughafen 1000 neue Arbeitsplätze vor allem durch die Eröffnung des Einkaufsterminals entstanden. Und nach dem Einbruch im April wegen der Aschewolke sei die Passagierzahl in Hamburg im Mai um mehr als elf Prozent gewachsen und im Juni bislang um sechs bis acht Prozent: "Das zeigt die Dynamik dieses Wirtschaftszweigs."

Auch der jüngste Schwenk der Regierung im Hinblick auf die Flugsteuer sei nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Politik zu erhöhen, meint Eggenschwiler: "Erst hat man versucht, der Abgabe durch das Etikett 'ökologisch' eine Sinnhaftigkeit zu verleihen, nun ist man auch davon abgekommen." So hatte das Bundeskabinett zunächst vorgesehen, die neue Steuer nur bis zur Einbeziehung der Fluggesellschaften in den Handel mit CO2-Emissionsrechten im Jahr 2012 zu erheben und außerdem den CO2-Austoß der Flugzeuge zu berücksichtigen. Nach jüngstem Planungsstand jedoch gilt beides nicht mehr.

Während die Umweltschutzorganisation BUND die Abgabe begrüßte, weil sie diese "besonders klimaschädliche Form der Mobilität" stärker am Gesamtumfang ihrer Umweltkosten beteilige, kritisierten Airlines die Pläne scharf. So sei die Luftverkehrsabgabe keinesfalls ökologisch sinnvoll, sagte Oliver Aust, Sprecher des britischen Billigfliegers EasyJet: "Leere Jets zahlen keine Steuer, volle Flugzeuge zahlen den Höchstsatz." Frachtflüge würden überhaupt nicht belastet. Zudem sei die Maßnahme unsozial: "Urlauber und Geschäftsreisende sollen zahlen, Superreiche und Unternehmen, die ihre Manager mit einem Privatjet befördern, sollen dagegen befreit werden."

Auch Michael O'Leary, Chef des irischen EasyJet-Konkurrenten Ryanair, appellierte an die Politik, "mehr Einsicht und langfristige Planung kurzsichtigen Einnahmen voranzustellen und eine solch unsinnige Steuer nicht zu erheben".

Schon ein Blick über die Landesgrenze könne der Bundesregierung die negativen Effekte einer solchen Abgabe verdeutlichen. So zeige eine Studie des britischen Beratungsunternehmens RDC Aviation eine Zunahme des Luftverkehrs in den Ländern, die keine derartige Steuer eingeführt oder sie wieder abgeschafft haben. In Großbritannien und Irland dagegen führe eine solche Abgabe nachweislich noch immer zu fallenden Verkehrszahlen und einem spürbaren Einbruch des Tourismus.

Dazu verweist Frankfurts Flughafengesellschaft Fraport auf das Beispiel der Niederlande. Dort hatte die Regierung die Flugabgabe nach zwölf Monaten wieder gestrichen, nachdem die Passagierzahl in Amsterdam um zehn Prozent eingebrochen war.