Gleich sechs der 25 ausgezeichneten Sozialprojekte Deutschlands kommen aus der Hansestadt. 5000 Euro für Integrationskonzept.

Hamburg/Berlin. In vier Tagen um die Welt - das ist das Motto von Switch. Die Idee ist so einfach wie bestechend: Kinder unterschiedlicher Herkunft besuchen sich gegenseitig einen Tag lang, um die Lebenswelt der anderen kennenzulernen. So kommt es, dass mitten in Hamburg japanische Küche auf spanische Tänze trifft oder türkische Nachbarschaft auf französische Lebensart. Gestern wurden die Mini-Weltreisen des Vereins Kulturbrücke Hamburg als eins von sieben Sozialprojekten mit dem Bundespreis des Wettbewerbs startsocial ausgezeichnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Schirmherrin von startsocial, übergab die mit 5000 Euro dotierten Auszeichnungen in Berlin.

Startsocial gibt es seit 2001. Ziel des Wettbewerbs ist es, soziale Ideen und Projekte mit dem wirtschaftlichen Know-how freiwillig engagierter Experten zu unterstützen und so das Engagement in Deutschland nachhaltig zu fördern. Zu den diesjährigen Gewinnern zählen unter anderem die Münchner Initiative "Mein Papa kommt", die Über-Nacht-Zimmer für getrennte Eltern aus anderen Städten anbietet. "Ich fühle mich sehr geehrt, beflügelt und bewegt", sagte Switch-Initiatorin Hourvash Pourkian von der Kulturbrücke Hamburg. "Das ist ein toller Ansporn, das Projekt weiterzuführen und in anderen Städten umzusetzen." Ziel ist es, die Integration von Menschen mit Migranten zu verbessern sowie die Neugier und das Verständnis für andere Kulturen zu wecken. Seit Dezember 2005 veranstaltet die Kulturbrücke die Weltreisen in der eigenen Stadt.

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Und so funktioniert es: Zweimal im Jahr können Kinder und Jugendliche von acht bis vierzehn Jahren an dem Programm teilnehmen. Es werden Gruppen mit jeweils vier Kindern unterschiedlicher Herkunft gebildet. "Jedes Kind ist einmal mit seiner Familie im Gastgeberland an drei Tagen zu Gast", erklärt Hourvash Pourkian. So stellen sie ihre Herkunftsländer den anderen vor. Das kann durch einen Besuch bei den Eltern, gemeinsames Kochen von landestypischen Speisen oder auch durch einen Museumsbesuch geschehen. Mehr als 850 Familien aus 70 verschiedenen Nationen haben schon mitgemacht. Ein sechsmonatiges Mentorenprogramm begleitet die Kinder und Jugendlichen im Anschluss, um geschlossene Freundschaften zu festigen.

Die Juroren von startsocial fanden die Idee so gut, dass sie die Hamburger Initiative aus 450 Bewerbungen in die Gruppe der 100 besten sozialen Projekte aus der ganzen Republik wählten und mit einem dreimonatigen Beratungsstipendium unterstützen. Gestern waren 25 dieser Initiativen zur Bundesprämierung ins Bundeskanzleramt eingeladen. Unter den Finalisten waren aus Hamburg neben Switch:

PULS - Soziale Sommercamps

Unter dem Motto "Urlaub vom Ego und voller Einsatz für andere" soll das Engagement Jugendlicher auf lokaler Ebene gefördert werden. Dazu veranstaltet PULS Deutschland zusammen mit ortsansässigen Jugendverbänden einwöchige Sommercamps. In dieser Zeit können sich die jungen Freiwilligen sogenannte "Herzaktionen" aussuchen und sich kulturell, sozial und ökologisch in ihrer Stadt engagieren. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.pulscamp.de

Trauerwege - Hilfe für Hinterbliebene

Das Projekt des Vereins Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg bietet Eltern und Geschwistern Hilfe an, die den Tod eines Kindes erleben mussten, sowie Kindern und Jugendlichen, die um ein Elternteil trauern. Die Unterstützung findet in Form von Trauerseminaren in Gruppen statt. In Deutschland sterben zwischen 16 000 und 20 000 Kinder und Jugendliche im Jahr. Darüber hinaus ist Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e.V. bundesweit die einzige Organisation, die Gruppenbegleitung für Trauernde nach einem Gewaltverbrechen anbietet. Mehr Infos gibt es im Internet unter www.verwaiste-eltern.de

Hundebande - Ausbildung in Haft

Zwischen 250 und 300 neue Blindenführhunde werden jährlich in Deutschland gebraucht. Deren Ausbildung, die in den ersten Monaten normalerweise in Pflegefamilien stattfindet, fordert viel Geld, Geduld und Zeit. Und doch ist nur jeder dritte bis vierte Hund nach der Sozialisierungsphase für die Ausbildung zum Blindenhund geeignet. Das Projekt "Hundebande" sorgt dafür, dass zusätzliche Hunde zur Verfügung gestellt werden können, indem Welpen durch Häftlinge des Frauenvollzugs in Hahnhöfersand unter Anleitung von Führhundtrainerinnen ausgebildet werden.

Box-Out - Boxen gegen Gewalt

Das Projekt Box-Out kümmert sich um Gewaltprävention und Integration an Schulen. Gründer Christian Görisch setzt auf Boxsport zur Vermittlung von Disziplin, Respekt und Verantwortung. Sieben Jahre begleitet das Projekt die Jugendlichen, beginnend in der siebten Klasse bis zur abgeschlossenen Ausbildung. "Zunächst lernen sie das Konzept durch ein freiwilliges Schulprojekt kennen. Nach Abschluss des Projekts bieten wir ein weiterführendes Boxtraining bis zum Ende der Berufsausbildung an", sagt Görisch.

Neben sportlichen Werten bietet Görisch auch Hilfestellung und Betreuung bei schulischen Aufgaben. An 45 Hamburger Schulen wurde das Projekt Box-Out bis jetzt erfolgreich durchgeführt.

Zweikampfverhalten - mehr Coolness

Um wachsender Gewalt bei Jugendlichen entgegenzuwirken, bietet der Verein Zweikampfverhalten ein Coolnesstraining für 13- bis 18-Jährige. Ehrenamtliche Trainer vermitteln durch Fußballtraining Werte wie Fairness, Respekt und soziale Verantwortung. Das Projekt richtet sich an Jungen und Mädchen, die im Alltag durch ihr Verhalten negativ aufgefallen sind. "Fußball ist eine leichte Methode, um den Jugendlichen den Umgang mit Provokation und Regeln zu vermitteln", sagt Trainerin Rebekka Henrich. Drei Monate dauert der Intensivkurs, der ein Trainingslager und wöchentliche Trainingsprogramme beinhaltet. "Künftig soll es das Programm auch mit Basketball- und Handballtraining geben."