Rund 60 Prozent der Verleihläden verschwanden in Hamburg seit Beginn des vergangenen Jahrzehnts. Ursache sind Onlinehandel und Raubkopien.

Hamburg. Es war Vision und selbst erfüllende Prophezeiung zugleich, als der Musiksender MTV am 1. August 1981 mit "Video killed the radiostar" auf Sendung ging. Das Ende der Radiovorherrschaft im Musikgeschäft war eingeläutet. Den deutschen Videotheken droht nun ein ähnliches Schicksal durch den boomenden Onlineverleih und die seit Jahren zunehmende Zahl an Raubkopien.

Den Übergang von der Videokassette auf die DVD-Scheiben hatte die Verleiherbranche in den 1990er-Jahren noch problemlos überstanden. Die silbrigen Scheiben boten letztlich ja sogar mehr Möglichkeiten, Filme attraktiv zu präsentieren. Doch der Allgegenwart des Internets können die klassischen Ausleihstationen nicht mehr viel entgegensetzen. Von den rund 100 Videotheken, die es in Hamburg zur Jahrtausendwende gab, sind heute nur noch rund 40 übrig. Bundesweit sank die Zahl der Videotheken von 9500 im Jahr 1990 auf mittlerweile gerade noch 2500, wie Zahlen des Interessenverbandes des Video- und Medienfachhandels (IVD) belegen. "Seit 2000 geht es massiv bergab", sagt Berndt Düsing, Besitzer von drei Videotheken in Norddeutschland und Aufsichtsratsmitglied im IVD. Damals etablierten sich die ersten Online-Tauschbörsen und machten das Raubkopieren von Filmen wie auch von Musik zum Kinderspiel.

Die Filmförderungsanstalt kommt in ihrer neuesten Studie zu dem Ergebnis, dass im ersten Halbjahr 2011 etwa 16 Prozent der deutschen Internetnutzer illegale Medieninhalte genutzt haben. Das sind rund 7,3 Millionen Menschen. Vor allem durch die Verbreitung der Streaming-Technologie - dem direkten Abspielen von Filmen im Internet - nimmt der illegale Filmkonsum zu. Prominenter Anbieter dieser Dienste ist das Onlineportal kino.to, das Mitte des vergangenen Jahres geschlossen wurde - nur um kurze Zeit später unter der Adresse kinox.to allerdings erneut aufzutauchen.

Laut der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) hat der Datenverkehr von illegal vervielfältigten Filmdateien allein zwischen 2010 und 2011 um 29 Prozent zugenommen. "Es macht uns Videotheken sehr zu schaffen, dass ohne Schuldbewusstsein illegal kopiert und getauscht wird", sagt Düsing.

+++ Bequeme Onlinevideotheken haben nicht nur Vorteile +++

Neben den Raubkopierern sind es aber auch immer mehr die legale Onlineverleiher, die die Videotheken zusätzlich unter Druck setzen. Der Markt wächst rasant, im vergangenen Jahr erzielten die deutschen Internet-Videoanbieter ein sattes Umsatzplus von 43 Prozent gegenüber 2010. Bereits zehn Prozent aller Leihfilme werden online geschaut, wie der Bundesverband für visuelle Medien mitteilte. Die Videotheken geben damit immer mehr Terrain an ihre Onlinekonkurrenz ab.

"Vor allem Video-on-Demand-Angebote (VoD) wie unseres profitieren vom Trend zum digitalen Distributionsweg", sagt Lisa Machnig von Videoload, das zur Telekom gehört. Laut einer Prognose von PricewaterhouseCoopers wird sich der Umsatz von Videoload mit VoD-Angeboten von rund 23 Millionen Euro 2010 auf rund 96 Millionen Euro im Jahr 2014 vervierfachen.

Erfolgreich ist dieses Geschäftsmodell auch deshalb, weil das Ausleihen von Videos vom Sofa aus immer bequemer wird. Grundsätzlich kann man dabei zwei Modelle unterscheiden: Online-Videotheken und Video on Demand (VoD). Erstere schicken DVD per Post zu ihren Kunden, die die Filme später mittels eines beigelegten Rückumschlags wieder an den Verleiher schicken. Lovefilm.de, DVDbox und Videobuster bieten diesen Service beispielsweise an. Das übliche Bezahlmodell ist hier die Monatspauschale. Sie macht diese Art des Verleihs vor allem für Vielseher attraktiv.

Beim VoD überträgt man den Film entweder während des Abspielens direkt aus dem Internet, was jedoch zu Aussetzern bei langsamen Onlineverbindungen führen kann. Oder aber man lädt die Datei auf den Computer oder einen internetfähigen Fernseher herunter. Große VoD-Anbieter sind neben Videoload Maxdome und Apple iTunes. Apple bietet dabei den umfangreichsten Dienst. Viele Filme sind schon beim Marktstart der Leih-DVD im Apples iTunes-Store verfügbar. Während man bei Videoload die Filme per Computer abspielt, benötigt man bei Apple eine spezielle, gut 100 Euro teure Box zum Anschluss an den Fernseher oder aber an Apple-Geräte wie das iPad.

Verleiher Düsing, bei dem derzeit die Romantikkomödie "Männerherzen 2" und der vierte Teil der Vampirsaga "Twilight" für Umsatz sorgen, macht sich keine Illusionen über die Zukunft des Geschäfts: "Der Internetverleih wird weiter an Bedeutung gewinnen und weitere Videotheken werden schließen müssen", schätzt der Videopionier. "Nur einige werden sich mit ausgewähltem Sortiment und guter Werbung halten können."