Hamburger Versandhändler leidet unter Konkurrenten wie Zalando und Verlusten in Frankreich. Gewinn geht um mindestens zehn Prozent zurück.

Hamburg. Rote Zahlen in Frankreich und neue Konkurrenten aus dem Internet haben dem Hamburger Versandhandelskonzern Otto das Geschäft verdorben. Der weltweite Umsatz stieg im vergangenen Geschäftsjahr lediglich um 1,5 Prozent auf nunmehr 11,6 Milliarden Euro. Der Gewinn lag mindestens zehn Prozent unter dem Vorjahresniveau. "Wir gehen von einem Rückgang im zweistelligen Prozentbereich aus", sagte Unternehmenssprecher Thomas Voigt dem Abendblatt, ohne eine konkrete Zahl zu nennen.

Im laufenden Jahr will der Familienkonzern den Ertrag spürbar erhöhen, geht angesichts der anhaltenden Euro-Krise und immer weiter steigender Benzinpreise in Deutschland aber von einem nach wie vor schwierigen Handelsumfeld aus. "Unser Ziel ist weiteres moderates Wachstum bei deutlich steigenden Gewinnen", sagte Otto-Vorstandschef Hans-Otto Schrader.

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Vor allem am französischen Geschäft hat Schrader zurzeit keine Freude: Die französische Tochter 3 Suisses musste einen Umsatzrückgang von 5,6 Prozent auf 1,98 Milliarden Euro hinnehmen. Das Nachbarland leidet derzeit unter hoher Arbeitslosigkeit, die Preise für Modeartikel sind im Keller. Hinzu kommen hausgemachte Probleme: Im Gegensatz zu Deutschland ist Otto in Frankreich noch nicht der Umstieg vom klassischen Katalog- auf das Onlinegeschäft gelungen, der Umbau der Tochtergesellschaft verschlingt immense Summen.

Nach Angaben aus Handelskreisen ist die Konzernführung entschlossen, die französische Tochter zu sanieren oder die 51-Prozent-Beteiligung an 3 Suisses zu verkaufen. Das Geschäft sei unprofitabel. In England hat Otto das bereits vorgemacht: Dort sank der Umsatz der Tochter Freemans Grattan Holdings nach einer Sanierung von 199 auf 164 Millionen Euro. Der Anbieter schrieb aber wieder schwarze Zahlen.

Probleme bereitet Otto nicht nur das Geschäft im europäischen Ausland. Auch in Deutschland kommt der Marktführer nicht mehr recht vom Fleck. Der klassische Otto-Versand fuhr einen Umsatzrückgang von 2,1 Prozent auf rund zwei Milliarden Euro ein und entwickelte sich damit noch schlechter als vor einem Monat prognostiziert. Der gesamte deutsche Versandhandel legte dagegen um mehr als zwölf Prozent zu. Ein Jahr früher hatte Otto noch mit einem satten Zuwachs von der Pleite des Konkurrenten Quelle profitiert.

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Otto wird in der Heimat herausgefordert von kleineren Internethändlern, die ohne große Warenlager und Versandservice die Geschäfte zwischen Kunde und Hersteller vermitteln. Diese neue Konkurrenz wie der Schuhversand Zalando gibt sich oft mit enorm niedrigen Renditen oder gar Verlusten zufrieden, um den eigenen Marktanteil auszubauen. Das Schuhgeschäft im Internet sei aufgrund extrem hoher Retourenquoten und der zunehmenden Preiskämpfe so stark unter Druck geraten, dass kein Anbieter hier mehr Geld verdiene, heißt es im Umfeld des Otto-Konzerns.

Im Onlinegeschäft mit Elektronikartikeln müssen sich die Hamburger zudem gegen große Anbieter wie Amazon sowie neue Wettbewerber wie Media-Markt und Saturn behaupten. Um mit der Entwicklung im Netz Schritt zu halten, setzt Otto nun immer mehr darauf, sich selbst an jungen Internetfirmen zu beteiligen. Unter anderem hält der Konzern Anteile an dem Schnäppchenportal Groupon sowie an dem auf Designermöbel spezialisierten Internetanbieter Fab.com.

Auswirkungen auf die Zahl der Mitarbeiter hat die aktuelle Gewinnschwäche des Konzerns noch nicht. Im vergangenen Jahr stockte Otto die Zahl der Beschäftigten weltweit um etwa 4500 auf rund 54 200 auf. 1200 neue Stellen kamen im Deutschland hinzu. Allerdings sollen nun auf allen Ebenen die Kosten gesenkt und Prozesse optimiert werden. "Das betrifft auch die Konzernzentrale in Hamburg", sagte Unternehmenssprecher Voigt. Wie sich dies auf die Arbeitsplätze auswirken werde, lasse sich noch nicht absehen.

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Immerhin gibt es im weltweiten Otto-Geschäft auch einige Lichtblicke. So konnte der Bereich Service, zu dem der Paketzusteller Hermes zählt, den Umsatz um 9,1 Prozent auf mehr als eine Milliarde Euro steigern. Der Geschäftsbereich Finanzdienstleistungen wuchs um 16 Prozent.

Einen regelrechten Boom verzeichnet Otto zudem im russischen Versandhandel. Hier stieg der Umsatz um 34,6 Prozent auf 474 Millionen Euro. Otto-Chef Schrader erklärte das Land zum Vorbild. Russland sei "ein großer Erfolg und ein Ansporn bei der Expansion in neue Märkte". Große Hoffnungen setzen die Hamburger aber auch auf Brasilien, wo Otto seit dem vergangenen Jahr aktiv ist.