Douglas soll bereits mit Interessenten verhandeln. Elf Filialen könnten auch in Hamburg betroffen sein. Verdi verlangt jetzt Klarheit.

Hamburg. Nach mehr als 90 Jahren droht der Buchhandelskette Thalia der Verkauf. Nachdem der Hamburger Buchhändler vor einigen Jahren von der Douglas-Holding übernommen worden und stark gewachsen war, stehen nun die Zeichen wieder auf Verkleinerung der Kette. Und nicht nur das: Offenbar denkt der börsennotierte Douglas-Konzern jetzt daran, sich auf seine Parfümerien zu konzentrieren und die bundesweit größte Buchhandelskette abzustoßen. Das Wirtschaftsmagazin "manager magazin" berichtete, es liefen bereits Sondierungsgespräche mit potenziellen Investoren. Unter den Interessenten für Thalia mit ihren 236 Filialen, darunter elf in Hamburg, sei auch eine US-Beteiligungsgesellschaft.

+++ Jobabbau droht: Thalia will Filialen verkleinern +++

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verlangt nun Klarheit vom Douglas-Vorstand. „Die seit Wochen anhaltende Berichterstattung über einen möglichen Verkauf und die Schließung von Thalia-Filialen und die Schließung von Thalia-Filialen verunsichert die Beschäftigten zunehmend“, sagte Verdi-Handelsexperte Johann Rösch am Donnerstag in Berlin. Thalia sei ein kerngesundes Unternehmen. Der Hagener Konzern hatte Restrukturierungen angekündigt, weil Kunden zunehmend ins Internet abwanderten. Zudem hatte die Gründerfamilie Kreke angekündigt, den Konzern mit Hilfe von Investoren von der Börse nehmen zu wollen. Das hatte zu Spekulationen über eine Abspaltung von Thalia sowie den weiteren Töchtern Hussel (Süßwaren) und AppelrathCüpper (Mode) geführt.

Veränderungen in der Buchbranche seien nicht über Nacht gekommen, sagte Rösch. „Für strategische Versäumnisse sind nicht die Beschäftigten verantwortlich.“ Er erwarte umfassende Transparenz für den vom Vorstand angekündigten Restrukturierungsprozess. Der Prozess müsse gemeinsam mit den Betriebsräten geführt werden. Am Donnerstag hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, dass neben Thalia auch die Süßwarensparte und die Modekette verkauft werden könnten. Interessenten gebe es. Zu Thalia hatte über ein solches Interesse bereits das „manager magazin“ geschrieben. In beiden Fällen gaben die Blätter keine konkreten Quellen an. Die Finanzinvestoren interessieren sich laut „FAZ“ für die gut laufenden Sparten von Douglas Holding – die Parfümeriekette und den Schmuckhändler Christ. AppelrathCüpper und Hussel könnten nach ihren Vorstellungen auf der Verkaufsliste landen. Noch weniger Interesse hätten die Finanzinvestoren an Thalia und plädierten für einen Verkauf, noch bevor sie bei Douglas Holding einsteigen.

Ob es so komme, sei allerdings noch lange nicht ausgemacht, heißt es in dem Bericht. Die maßgeblich am Unternehmen beteiligte Gründerfamilie Kreke wolle Thalia und auch die anderen Sparten in der Gruppe erhalten. „Wir betreiben seit jeher eine renditeorientierte Portfoliopolitik mit der Maßgabe, dass alle Tochtergesellschaften ihre Kapitalkosten verdienen müssen oder zumindest die Aussicht haben, sie in absehbarer Zeit verdienen zu können. Von einer Zerschlagung kann daher keine Rede sein“, sagte Douglas Holding-Chef Henning Kreke der Zeitung.

Insbesondere die starke Dominanz des Onlinehändlers Amazon hatte Thalia in Schwierigkeiten gebracht. Immer mehr Kunden kaufen ihre Bücher im Internet. Mit dem eigenen Onlinevertrieb über buch.de hatte Thalia keinen großen Erfolg, hier ist wegen der Lieferkosten zudem die Marge geringer als im stationären Verkauf, erfuhr das Abendblatt von Brancheninsidern.

Auch die im Buchhandel überdurchschnittliche Größe der Filialen von Thalia, die zum Teil auch eine Beratung der Kunden erschwert, führte zuletzt zu einigen Problemen in der Kette. Mit einem erweiterten Angebot von Geschenken, Süßigkeiten und Schreibaccessoires versucht der Buchhändler, die Flächen auszulasten. In Hamburg stehen insbesondere die Thalia-Geschäfte in der Spitalerstraße und an den Großen Bleichen mit 2000 Quadratmeter Verkaufsfläche und mehr unter Druck. Wirtschaftlicher arbeiten die Läden in den Einkaufszentren AEZ und EEZ, heißt es in der Branche.

Die Geschichte der Thalia-Buchhandlungen hatte Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit dem Unternehmer Erich Könnecke in Hamburg begonnen. Sein Sohn Jürgen Könnecke, 76, hatte den Wachstumskurs der Firma schon vor dem Einstieg des Douglas-Konzerns eingeschlagen und ist heute noch mit 25 Prozent an der Thalia-Holding beteiligt. Gestern sagte Könnecke dem Abendblatt, ihm sei von den Verkaufsplänen nichts bekannt. "Das dürfte nur Herr Kreke wissen", sagte der Hamburger mit Blick auf den Vorstandschef der Douglas-Holding, Henning Kreke.

Bei Douglas hieß es gestern noch offiziell, Standorte würden nicht geschlossen. Doch die Realität sieht bereits anders aus: Vor wenigen Tagen erfuhren die Mitarbeiter einer großen Thalia-Filiale in der Kölner Innenstadt, ihr Geschäft stehe vor dem Aus.