Von neun Teilnehmern aus Christian Rachs TV-Quotenerfolg arbeitet nur noch eine im Slowman. Fernsehkoch räumt Fehler ein.

Hamburg. Die Tagesempfehlung ist "Ravioli mit Erbsengemüse". Das Slowman im Chilehaus ist zur Mittagszeit gut besucht. Die hungrigen Gäste werden von freundlichen Servicekräften umsorgt - doch das sind nicht mehr diejenigen, die Millionen von Fernsehzuschauern aus dem Quotenhit "Rachs Restaurantschule" auf RTL kennen. Zwölf meist junge Leute mit bewegten Biografien, die bis dato auf dem Arbeitsmarkt Schwierigkeiten hatten, drehten hier im Sommer 2010 zwei Monate lang gemeinsam mit TV-Koch Christian Rach ("Rach, der Restauranttester") für das neue TV-Format. Die acht Folgen wurden von August bis Mitte Oktober 2010 ausgestrahlt und hatten durchschnittlich 5,1 Millionen Fernsehzuschauer.

Der umtriebige Ex-Sternekoch Rach (ehemals Tafelhaus), der seit Anfang Januar in Berlin die zweite Staffel dreht, wollte den Teilnehmern mit häufig schwieriger Jugend eine Chance zum Einstieg in den Beruf geben. Gemeinsam hatten Rach und seine "Schützlinge" die ehemalige "Weinhexe" renoviert, auf Vordermann gebracht und schließlich als "Slowman" neu eröffnet. Während der Dreharbeiten werkelten die Teilnehmer in der Küche, übten sich im Service. Alles begleitet von den Fernsehkameras.

+++ Drei von sechs gerettet +++

+++ Tafelhaus-Ära zu Ende: Rachs Restaurantschule zieht nach Berlin +++

Anfang Juli 2010 wurde die Eröffnung gefeiert. Danach waren die Kameras verschwunden. Das wahre Arbeitsleben begann. Von den zwölf Teilnehmern wurden neun übernommen. Als Angestellte, Auszubildende und Praktikanten. Das war im Sommer 2010 - aber heute ist von den neun nur noch Angelika aus Solingen übrig geblieben. Die 46-Jährige, die in ihrem Leben schon längere Phasen der Arbeitslosigkeit erlebt hat, arbeitet in der Küche. Sie bereitet mit Leidenschaft Sushi zu: "Die Sendung hat mir Glück gebracht. Ich fühle mich hier wohl und habe beruflich wieder Fuß gefasst." Zu den anderen Teilnehmern hat sie keinen Kontakt mehr. Die Zusammenarbeit sei "nicht immer einfach" gewesen.

Die anderen haben den Sprung ins Berufsleben nicht geschafft. Zwei der Teilnehmerinnen wurden schwanger, andere sind kriminell geworden. Erfolgsmeldungen sind ausgeblieben - ist das Konzept gescheitert? Christian Rach ist derzeit bei den Dreharbeiten zur nächsten Staffel in einem Altbau in der Nähe vom Gendarmenmarkt in Berlin. Hier im ehemaligen Sitz von Sat.1 soll demnächst auf zwei Etagen ein Restaurant mit 100 Plätzen eröffnen. In der Versuchsküche werkeln bereits die zwölf Teilnehmer, die nun gemeinsam mit Rach das Lokal zur Eröffnung bringen. Die neuen Folgen von "Rachs Restaurantschule" sollen von Anfang April an ausgestrahlt werden. "Das Konzept, Menschen eine Chance zu geben, die ansonsten auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Möglichkeiten hätten, wird im Slowman bis heute umgesetzt", sagt Rach. Zwar bis auf eine Ausnahme nicht mehr mit den Teilnehmern aus der Sendung, "dafür aber mit neuen Mitarbeitern". Das macht Rach sichtlich stolz, aber er räumt auch ein: "Die meisten Teilnehmer aus der ersten Staffel haben ihre Chance, beruflich Fuß zu fassen, leider nicht genutzt. Wir haben den Einstieg ermöglicht, aber danach mussten sich die jungen Leute unter realen Arbeitsbedingungen beweisen."

Das hat offensichtlich nicht funktioniert. Rach ist selbstkritisch: "Wir haben auch Fehler gemacht. Dazu gehört, dass die Teilnehmer zusammengewohnt haben. Dadurch hat sich eine Gruppendynamik entwickelt, die wir nicht mehr steuern konnten." Das habe sich dann auch negativ auf die Arbeit ausgewirkt.

Deshalb gelten jetzt bei der Neuauflage des TV-Formats, das 2010 in der Kategorie "Bestes Dokutainment" mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, neue Regeln. Jeder Teilnehmer wohnt alleine. Auch die Betreuung werde ausgebaut. Rach: "Wir werden, so ist es jedenfalls geplant, einen Lehrer einstellen, der sich auch nach dem Ende der Dreharbeiten weiterhin um die interne Weiterbildung der Kandidaten kümmert."

Ortswechsel. Von Berlin zurück nach Hamburg ins Slowman. Das Restaurant, das über zwei Ebenen läuft, ist morgens und abends gut besucht. 30 Mitarbeiter sind dort beschäftigt, davon acht, die aufgrund von Lernschwäche oder einem schwierigen sozialen Umfeld auf dem ersten Arbeitsmarkt sonst kaum Chancen hätten. Hanno Hansch und Frank Bertram betreiben das Slowman und waren seit Beginn der Dreharbeiten dabei: "Als die Kameras aus waren, da folgte die Realität. Damit sind einige nicht klargekommen und haben früher oder später hingeschmissen", sagt Bertram. Die Fernsehpräsenz sei auch manchem zu Kopf gestiegen. In der ersten Zeit nach der Ausstrahlung waren Rachs Restaurantschüler kleine Stars. Viele Gäste kamen nur, um sie zu sehen, und hatten Foto- und Autogrammwünsche.

Es ist zu spüren, dass Hansch und Bertram das Schicksal der ehemaligen Teilnehmer am Herzen liegt, aber Bertram räumt ein: "Es war schwierig, wir mussten Enttäuschungen einstecken." Konkret: "Eine hat uns Geld aus der Kasse gestohlen, zwei weitere sind außerhalb des Lokals kriminell geworden." Da mussten wir uns von den Mitarbeitern trennen, sagt Hansch.

Den Kontakt zu den einstigen Schützlingen haben Bertram und Hansch verloren, trotzdem würden sie keine Kritik an der Sendung üben. "Wir haben hier ein Format erlebt, bei dem alles echt war. Die Teilnehmer waren keine Schauspieler, sondern Menschen mit Ecken und Kanten", sagt Bertram.

Die erwartet Rach auch in der zweiten Staffel. Eine junge Frau mit Drogenvergangenheit ist dabei, auch ein Alkoholiker. Rach: "Ich hoffe, dass sie ihre Chance nutzen und im Berufsleben Fuß fassen. Das Zeug dazu haben sie."