Mit 6400 Quadratmetern fast doppelt so groß wie Zentrum in Wilhelmsburg. Das neue “Wohnzimmer des Stadtteils“ kostet fünf Millionen Euro.

Osdorf. Es ist nicht alles grau am Osdorfer Born. Es ist auch leuchtend gelb und rot, das Zirkuszelt zwischen Hochhäusern. Die Zirkusschule Abrax Kadabrax hat Quartier in der Hochhaussiedlung im Westen Hamburgs bezogen. In einem der bunten Zirkuswagen betreibt Michaela Muszynski ein Café. "Ich bin die Vorhut für das, was hier in den nächsten Wochen beginnt", sagt sie. Ihr Zirkus-Café ist so etwas wie die sichtbare Vergewisserung dafür, dass Träume wahr werden können. Auch in einem Quartier, das vor zehn Jahren zu den vergessenen in Hamburg gehörte.

Damals hatten die Borner angefangen für ein Bürgerhaus zu kämpfen. "Hier gibt es ja nichts", sagt Stadtteildiakon Roland Schielke von der Maria-Magdalena-Kirche, der seit 33 Jahren am Osdorfer Born arbeitet. Ein zentraler Treffpunkt sollte es werden, eine Art "Wohnzimmer des Stadtteils" - und ein sozialer Gegenpol zu dem Einkaufszentrum auf der Straßenseite gegenüber. Jetzt ist es endlich so weit. Im März beginnen die Bauarbeiten. "Viele können es noch nicht glauben", sagt Maria Meier-Hjertqvist. So oft sei der Start schon verschoben worden. Die Sprecherin des Quartierbeirats Borner Runde gehört zu denen, die von Anfang an bei dem Projekt dabei waren - und nicht lockergelassen haben. "Das Bürgerhaus ist wichtig. Damit die Menschen rauskommen aus ihren Wohnungen, sonst droht die Vereinsamung." Der Osdorfer Born, das sind 10 000 Einwohner, die Hälfte mit ausländischer Herkunft, viel mehr Kinder und Jugendliche als im Hamburger Schnitt, doppelt so viele Allerziehende und Arbeitslose. Jeder Dritte lebt von Hartz IV. 70 Nationen haben in der zwischen 1967 und 1972 gebauten Großsiedlung eine Heimat gefunden. "Es ist ein Stadtteil, der große Herausforderungen an uns stellt", sagt der Altonaer Bezirksamtschef Jürgen Warmke-Rose. Aber eben auch ein Quartier, in dem Menschen sich engagieren.

Behörde gibt weitere Million für das Bürgerhaus Osdorf

Die Bornerin

Anfangs waren die Borner ziemlich allein mit ihrer Idee von einem Haus für alle. 2005 stieg das Bezirksamt in die konkrete Planung ein. "Wir haben erkannt, dass es nicht zukunftsfähig ist, wenn die vielen sozialen Angebote und Träger zerstreut in dem Stadtteil mehr oder weniger unkoordiniert nebeneinander herarbeiten", sagt Bezirkschef Warmke-Rose, inzwischen ein Verfechter des Bürgerhauses. "Wir brauchen ein organisatorisches Dach." Aufgerüttelt auch durch den dramatischen Tod eines Babys, das von seiner Mutter von einem Balkon geworfen worden war, stellte sich die Politik hinter das neue Bürgerzentrum. Zunächst war ein Neubau geplant, nun soll das Bürgerhaus Bornheide in eine leer stehende Schule ziehen. Der Vorteil: Es gibt viel mehr Platz. 6400 Quadratmeter, auf einer Gesamtfläche von 30 000 Quadratmetern. Ein Bürgerhaus im XXL-Format, deutlich größer als das in Wilhelmsburg (3760 Quadratmeter). Noch kann man sich nicht vorstellen, dass auf dem tristen Gelände einmal das Leben pulsiert. Aber inzwischen sind alle Baugenehmigungen erteilt. Das zweigeschossige Hauptgebäude wird komplett umgebaut. Ein Restaurant entsteht, der große Saal mit Profi-Theaterbühne wird saniert und die Fassade mit rot-weißen Ziegeln neu verklinkert. Auch die fünf ehemaligen Klassenpavillons werden umgestaltet. Das Investitionsvolumen beträgt mehr als fünf Millionen Euro, das meiste kommt von der Stadt Hamburg. Aber auch die Anwohner sind mit Sachleistungen, wie etwa Gartenarbeiten, in Höhe von 50 000 Euro dabei. "Es ist das größte Bauprojekt im ganzen Bezirk", sagt Warmke-Rose. Ende des Jahres sollen 18 Mieter einziehen. Elternschule, Mütterberatung, Kita, Straßensozialarbeiter, eine Behindertenrichtung, Seniorentreff. Der Mitmachzirkus Abrax Kadabrax ist schon da.

"So ergeben sich viele Möglichkeiten zur Vernetzung", sagt Projektleiterin Ulrike Alsen, die im Bezirksamt für die Stadtteilentwicklung zuständig ist. Dahinter steckt die Idee des Community Centers, die aus Großbritannien und den USA stammt. Kleinere Einrichtungen dieser Art gibt es in Hamburg bereits in Barmbek (Barmbek Basch), Wandsbek-Hohenhorst (Haus am See) oder Harburg (Feuervogel). Am Osdorfer Born haben die 18 Mieter ein Jahr lang an einem gemeinsamen inhaltlichen Konzept gearbeitet. Eltern, die sich zum Wickelkursus anmelden, könnten dann weitergereicht werden an die Mütterberatung, später Anschluss in einer Krabbelgruppe finden und ein Bewerbungstraining im Bürgerhaus besuchen. "Wenn es so weit ist, dass die Seniorengruppe ehrenamtlich Leseförderung im Spielhaus macht, haben wir viel erreicht", sagt Warmke-Rose. "Das Projekt überzeugt, wir haben nicht Platz genug für alle Einrichtungen, die sich beworben haben", sagt Alsen. Mit den Mieteinnahmen sollen die Gemeinschaftsräume für die Stadtteilgruppen, wie die Verkehrs-AG, finanziert werden. Die Trägerschaft übernimmt das Diakonische Werk des Kirchenkreises Hamburg-West.