Die Vorbereitungen auf die Reform laufen bereits auf Hochtouren. Bei einem Nein der Bürger am 18. Juli wäre eine Vollbremsung samt Kehrtwende nötig

Egal wie der Volksentscheid zur Schulreform am 18. Juli ausgeht, für die Schüler der Schule Grumbrechtstraße in Heimfeld beginnt nach den Sommerferien eine neue Zeit. "Wir starten auf jeden Fall mit der Primarschule", sagt Schulleiter Rainer Kühlke. Die Integrative Grundschule gehört zu den 24 so genannten Starterschulen, an denen vom Schuljahr 2010/11 die ersten Fünftklässler länger gemeinsam unterrichtet werden. An der Grumbrechtstraße wechseln 60 Schüler in den neuen fünften Jahrgang. "Wir haben seit fast zwei Jahren daraufhin gearbeitet", sagt Kühlke, der mit seinen Kollegium unter anderem ein Sprachenkarussell zum Kennenlernen der Fremdsprachen entwickelt und ein Modulsystem aufgebaut hat. Eine Kooperation mit einem Gymnasium ist inzwischen geschlossen. Fachlehrer von dort werden künftig stundenweise in der Primarschule unterrichten. Primarschule trotz eines Nein des Volkes? Möglich wäre das, hört man auch aus der Schulbheörde, als so genannter Schulversuch.

Für alle anderen Schulen aber ist derzeit deutlich unklarer, wie es weitergeht. Zwar gibt es eine Reihe von Neuerungen, die unabhängig vom Volksentscheid auf jeden Fall kommen. Dazu zählen unter anderem die Bildung der Stadtteilschulen (statt Haupt-, Real- und Gesamtschulen), die Abschaffung des Sitzenbleibens oder die Integration von Kindern mit Behinderungen. Organisatorischer Kern ist jedoch die Primarschule.

Szenario 1: Die Hamburger stimmen für die Primarschule

Dann werden zum Stichtag 1. August die neuen Schulstandorte gegründet: 164 Primarschulen, davon 107 an einem und 57 an mehreren Standorten, 51 Stadtteilschulen und 61 Gymnasien. Dazu müssen eine Reihe von kleineren Schulen fusionieren, andere - betroffen sind vor allem Gesamtschulen - werden in Primar- und Stadtteilschule geteilt.

Inhaltlich sind von den Neuerungen im nächsten Schuljahr die 1., 4. und 7. Klassen betroffen. Die nachfolgenden Jahrgänge wachsen in die neue Schulstruktur hinein. Wobei für die künftigen Viertklässler eine Sonderregelung gilt: Die Eltern dürfen wählen, ob sie in der 5. Klasse einer Primar- oder einer anderen Schule wechseln.

Gravierende Auswirkungen hat vor allem der Rechtsanspruch auf kleinere Klassen mit 19 Schülern (in sozial benachteiligten Regionen) bis maximal 23 Schülern in den Primarschulen.

An vielen Standorten sind Neu- und Umbauten notwendig. Es geht um 288 zusätzliche Klassenräume.

Nach dem jetzigen Stand werden sich die Baukosten für die Ausweitung des Lehrraums vermutlich von 200 auf 390 Millionen Euro fast verdoppeln. Viele Schulen suchen bereits zusätzliche Lehrer, unter anderem für den Englisch-Unterricht ab Klasse 1. Parallel laufen die Abordnungen von Lehrkräften weiterführender Schulen an die Primarschulen.

Denn mit Einführung der Lernbereiche Natur und Technik sowie Gesellschaft werden an den Primarschulen zusätzliche Fachlehrer gebraucht. Bis 2016 will der schwarz-grüne Senat 970 zusätzliche Lehrerstellen schaffen. Die Ausgaben für den Umbau des Schulsystems sollen in der Endstufe bei jährlich 74 Millionen Euro liegen.

Szenario 2: Die Hamburger stimmen gegen der Primarschule

In diesem Fall bliebe die vierjährige Grundschule erhalten. Aber: Derzeit gibt es eine gültige Standortplanung nur auf der Basis einer sechsjährigen Primarschule. Zu der Frage, welche Folgen ein "Nein" der Hamburger zur Primarschule hätte, wollte sich die Schulbehörde nicht äußern. Auswirkungen hat die neue Struktur aber auf jeden Fall für die bisherigen Grund-, Haupt- und Realschulen, die als reine Primarschule weitergeführt werden sollen. Bereits zum nächsten Schuljahr müssen die jetzigen Sechstklässler ihre Schulen verlassen und auf eine Stadtteilschule wechseln. Klar ist, dass Lehrerabordnungen zurückgenommen, Bauvorhaben überprüft und auch gestoppt werden müssten. Senat und Bürgerschaft wollen so oder so an der Abschaffung des Büchergelds und der Absenkung der Klassenfrequenzen festhalten. Allerdings: Das gilt laut Behörde nur für die Grundschulen, nicht für die Stufen 5 und 6 der weiterführenden Schulen.