HWWI erwartet für Branche kräftigen Aufschwung. Vor allem Asiaten fragen Produkte aus dem Norden nach. Absatz wird sich bis 2020 fast verdoppeln.

Hamburg. Die norddeutschen Medizintechnikhersteller werden von dem kräftigen Aufschwung in der Branche profitieren und bieten gute Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. "Die 300 Firmen in Hamburg und Schleswig-Holstein sind sehr gut aufgestellt", sagt Kathrin Adlkofer, Geschäftsführerin der Agentur Norgenta, die die Aktivitäten der Branche im Norden im Auftrag von Hamburg und Schleswig-Holstein koordiniert. "In den nächsten zehn Jahren wird der Absatz der deutschen Medizintechnikhersteller um 75 Prozent wachsen und damit stärker als die Wirtschaft insgesamt", sagt Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). So wird sich in den untersuchten Märkten USA, Westeuropa, Osteuropa, China und Indien der Absatz von acht auf 14 Milliarden Euro erhöhen (siehe Grafik).

Das HWWI hatte im Auftrag der HSH Nordbank eine Studie zu den Absatzmärkten der deutschen Medizintechnik erstellt. Die HSH Nordbank ist der drittgrößte Finanzierer in der Gesundheitsbranche. "Wir haben mit Krankenhaus- und Pflegeheim-Finanzierungen angefangen", sagt Markus Rosenbaum von der HSH Nordbank. "Mit der Medizintechnik haben wir das Geschäft ausgebaut, weil sie im Norden einen hohen Stellenwert hat ."

Nach der Studie sorgen eine steigende Weltbevölkerung und der deutliche Anstieg der Pro-Kopf-Einkommen in den Entwicklungs- und Schwellenländern sowie die demografische Alterung in vielen Industrieländern für eine zunehmende Gesundheitsnachfrage. "In den Entwicklungs- und Schwellenländern wächst der Gesundheitsmarkt vor allem durch herkömmliche Produkte der Medizintechnik", sagt Vöpel "Durch den höheren Lebensstandard wird eine bessere Grundausstattung der medizinischen Versorgung nachgefragt." So schätzt das HWWI das Wachstum der Nachfrage nach Medizintechnik in China und Indien im Zeitraum 2015 bis 2020 auf jährlich zehn bis 16 Prozent und damit fast doppelt so hoch wie das Wirtschaftswachstum. Dagegen entwickeln sich die traditionellen Absatzmärkte in den USA und Westeuropa weniger dynamisch, profitieren aber von einer steigenden Gesundheitspräferenz und der Alterung der Gesellschaft. Die Medizintechnik ist ein sehr dynamischer Markt und hochinnovativ: Jedes dritte Produkt auf dem Markt ist jünger als drei Jahre.

Die guten Wachstumschancen werden von Hamburger Unternehmen bestätigt. "Wir sehen vor allem in Asien mit Ausnahme von Japan gute Perspektiven", sagt Jörn Peplow von der Eppendorf AG, die Forschungswerkzeuge für die Biotechnologie herstellt. Asien erreicht einen Exportanteil von bis zu 20 Prozent. Auch der Hersteller für Notfall-, Schlaf und Sauerstoffmedizin Weinmann ist auf Wachstumskurs. "In Indien, China und Südostasien sind wir schon gestartet, sehen dort aber noch viel Potenzial", sagt Firmensprecher Tobias Drewling. "Denn die Ausstattung der Ärzte dort ist noch weit entfernt von der in Zentraleuropa." 55 Prozent der Produkte von Weinmann gehen in den Export.

Die Medizintechnik in Hamburg und Schleswig-Holstein mit 300 Unternehmen und einem Umsatz von 2,7 Milliarden Euro steht europaweit auf Platz 6. Die Zusammenarbeit der Unternehmen werde intensiver, die Internationalisierung nehme zu und die Branche sei bereit, neue Märkte zu erschließen, sagt Adlkofer. Besonders gefragt auf dem Arbeitsmarkt sei der Ingenieur in der Medizintechnik. Die Uni Lübeck habe dafür extra einen Studiengang eingerichtet. Auch gut ausgebildetes technisches Personal in den Bereichen Labor-, Medizin- und Fertigungstechnik hat große Chancen.