Während die Erlöse bundesweit deutlich sinken, legen sie in Hamburg um bis zu ein Prozent zu - das liegt auch am Internet.

Hamburg. Zu Beginn des Jahres 2009 hatten viele Experten dem Einzelhandel zwölf schlechte Monate vorausgesagt. Und bundesweit mussten die Händler tatsächlich kräftige Umsatzeinbußen hinnehmen: Die Erlöse sanken um 2,5 bis 2,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt gestern laut einer aktuellen Schätzung bekannt gab. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate lag das Minus bei immerhin noch 1,9 bis 2,1 Prozent. Doch Hamburg stemmte sich erfolgreich gegen diese bundesweit negative Entwicklung. Wie das Abendblatt aus Branchenkreisen erfuhr, hat der Einzelhandel in der Stadt das vergangene Jahr mit einem Plus von bis zu einem Prozent abgeschlossen. Damit konnten die Geschäfte an Alster und Elbe ihren Gesamtjahresumsatz von 10,5 Milliarden im Jahr 2008 leicht auf rund 10,6 Milliarden Euro steigern.

"Wenn man die gesamtwirtschaftliche Situation betrachtet, ist das sensationell", sagte Andreas Bartmann, Vorsitzender des Hamburger Einzelhandelsverbands und Geschäftsführer vom Outdoorhändler Globetrotter, dem Abendblatt. Auch Heiner Schote, Leiter der Abteilung Handel bei der Handelskammer Hamburg, zeigte sich positiv überrascht. "Die Geschäfte liefen besser als man angesichts der konjunkturellen Situation erwarten kann", sagte er. Den Grund für die guten Geschäfte sieht er in Hamburgs Attraktivität sowohl als Wirtschaftsstandort als auch als Reiseziel. "Hamburg hat eine breite wirtschaftliche Basis dank der zahlreichen mittelständischen Unternehmen, auch die Touristenzahlen haben sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt", sagt Schote. Außerdem sei auch die Region um die Hansestadt herum ein wichtiger Faktor für hohe Umsätze: "Wer etwas Besonderes sucht, fährt auch aus Flensburg zum Einkaufen nach Hamburg."

Eine wirtschaftliche Hauptrolle spielte die Hansestadt im vergangenen Jahr auch beim Schuhhändler Görtz. "Die Umsätze waren in Hamburg im Schnitt deutlich besser als in den übrigen deutschen Filialen - das war in der Vergangenheit nicht so", sagte Görtz-Sprecher Michael Jacobs dem Abendblatt. Das Gesamtjahr lief so gut, dass das Hamburger Traditionsunternehmen sogar rund 300 neue Arbeitsplätze schaffen konnte. Ein Schlüssel zum Erfolg war bei Görtz auch der Onlineshop, der im September auf dem Versandhandelskongress in Wiesbaden zum "Onlineshop des Jahres 2009" gekürt wurde. Die Einnahmen durch E-Commerce seien 2009 um 60 Prozent gewachsen und machen schon fast zehn Prozent des Konzernumsatzes aus.

Das ist keine ungewöhnliche Entwicklung - nach Meinung von Handelsexperten wird das Konzept eines Unternehmens zunehmend wichtiger als die Branchenkonjunktur. "Es gibt kaum noch erfolgreiche Konzepte im Einzelhandel, die dem Thema E-Commerce nicht große Aufmerksamkeit schenken", sagte Verbandschef Bartmann. "Das Internet gehört heute zu einem modernen Präsentations- und Vertriebskonzept, das die Kunden auf allen Plattformen bedient." Die Zahl der Geschäfte mit erfolgreichen Konzepten nehme aber stetig zu. Auch deshalb sieht der Hamburger Einzelhandelsverband die Geschäftserwartungen für 2010 optimistisch. Es sei weder mit einer Insolvenzwelle noch mit einbrechenden Umsätzen zu rechnen.

Mit dieser Prognose unterscheidet sich Hamburg ebenfalls vom Bund: Experten gehen davon aus, dass die Einzelhandelsbranche deutschlandweit auch im laufenden Jahr nicht wachsen wird. "Wegen der steigenden Arbeitslosigkeit ist mit einer sinkenden Kaufbereitschaft zu rechnen", sagte Unicredit-Analyst Alexander Koch. "Im besten Fall wird der private Konsum stagnieren." Das bundesweite Ergebnis für das Weihnachtsgeschäft liegt zwar noch nicht vor, der deutsche Einzelhandelsverband rechnete aber auch hier mit gesunkenen Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr. Dahingegen hatten zwei Drittel der Hamburger Geschäfte bei einer Umfrage der Handelskammer angegeben, höhere oder zumindest gleichbleibende Umsätze wie im Vorjahr erzielt zu haben.