Professor Peter von Wichert schreibt im Hamburger Abendblatt über den möglichen Umzug der Universität an den Hafen.

Hamburg. Die alten Universitäten, wie Heidelberg, Freiburg, Marburg und andere, waren stets auch geistiger und wirtschaftlicher Mittelpunkt ihrer Orte und im engen Kontakt zur Bevölkerung ihrer Städte. Im Gegensatz dazu ist die Universität Hamburg in fast 100 Jahren nicht völlig im Mittelpunkt des Hamburgischen Interesses angekommen. Das schwächt sie. Der Standort am Rothenbaum und in Eimsbüttel böte allerdings die Möglichkeit, klug geplant und mit Verstand umgesetzt, diesen wesentlichen Mangel der Hamburgischen Universität auszugleichen, sie als ein für die ganze Bevölkerung der Stadt unerhört wichtiges Instrument darzustellen und nach außen zu präsentieren. Solche Beziehungen übersieht die Idee des Neubaus auf dem Grasbrook. Dort wären die Institute im Endausbau zwar unter sich, der Kontakt mit den Menschen der Stadt wäre aber weitgehend unterbrochen.

Realistisch würde ein solcher Neubau etwa 20 bis 30 Jahre dauern, wie man bei Neubauprojekten an anderen Universitäten sehen kann, eine Zeit, die die universitäre Arbeit erheblich behindern würde nach meiner Auffassung unzumutbar Sand ins Getriebe brächte und nicht zuletzt für Lehrende und Lernende mit einem großen Aufwand verbunden wäre.

Am Rothenbaum und in Eimsbüttel besteht die Chance, eine Universität mitten in der Hamburgischen Gesellschaft zu erhalten und - wenn vernünftig geplant - auch nachhaltig zu verstärken. Nicht zu vergessen ist, dass mit einer Verlagerung der Universität auf den Grasbrook auch der Kontakt zur Medizinischen Fakultät, immerhin ein erheblicher Teil der Universität, behindert werden würde. Zu den Baukosten am Grasbrook müssen diese ideellen "Kosten" natürlich addiert werden, wenn man realistisch entscheiden will.

Natürlich sind neue Gebäude schön, wenn sie gut gebaut wurden, aber auch alte Gebäude können heute auf Neuzustand saniert werden und haben gelegentlich auch noch Charme, funktionell müssen sie Neubauten nicht unterlegen sein. Mir scheint, dass bisher nur Schlagworte ausgetauscht wurden, zumal ein Gutachten zur Verlagerung der Universität von einem - zugegeben angesehenen - Architekturbüro stammt, das allerdings mit akademischen Bedürfnissen und Denkweisen wenig bis gar nicht vertraut sein dürfte. Warum überlässt man die Entscheidung nicht der Universität selbst, allerdings nicht der Leitung, sondern bildet eine zehn- bis 15-köpfige Kommission aus den Professoren der verschiedenen Fakultäten und lässt diese einen Plan vorlegen.

Man sollte nicht vergessen, dass eine Universität in ihren Entscheidungsgremien eine demokratische Institution ist, die behördliche Anweisungen - auch die einer Senatorin - eigentlich nicht braucht. Man kann einem solchen Gremium auch einen Kostenrahmen vorgeben und einen Bausachverständigen an die Seite stellen. Wenn diese Gruppe dann zum Resultat Umzug kommt, dann sei es so. Das ist allemal besser als eine Entscheidung am grünen Tisch, weil die Angehörigen der Universität dieses dann als eigene Entscheidung wahrnehmen können. Zusammenfassend bin ich der Auffassung, dass ein Verbleib der Universität am Rothenbaum und in Eimsbüttel mit einem Ausbau dieses Standorts die beste Lösung ist.

Und zum Schluss: Wie muss wohl den vielen Stiftern, die die Universität in den letzten Jahren unterstützt haben, zumute sein, wenn deren Gaben einfach dem gespendeten Zweck entzogen werden.

Prof. Peter von Wichert, emeritierter Direktor des Zentrums für Innere Medizin der Philipps-Universität Marburg, war bis 1980 am UKE.