Sechs Kinder sind in den vergangenen Wochen im UKE behandelt worden. Das Robert-Koch-Institut weitet seine Untersuchungen aus.

Hamburg. Nachdem sich sechs Kinder mit dem lebensgefährlichen EHEC-Erreger infiziert hatten, liegen inzwischen nur noch zwei kleine Patienten im Krankenhaus. Bei einem acht Monate alten Baby - dem Geschwisterchen eines erkrankten Kindes - ist offenbar ebenfalls das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) festgestellt worden. Die traurige Nachricht haben viele Eltern erst jetzt erhalten, nachdem sie aus dem Urlaub zurückkehrten: Der kleine Timmi ist tot. Am 29. Juli erlag der Vierjährige aus der Schmetterlingsgruppe der Kita der evangelischen Kirchengemeinde "Zu den zwölf Aposteln" in Lurup den Folgen einer seltenen Infektionskrankheit.

Er hatte sich mit sogenannten EHEC-Bakterien angesteckt, einer aggressiven Variante des Coli-Bakteriums. Als Komplikation trat das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) auf. Bei dieser Krankheit können die Nieren versagen. Wie berichtet sind drei weitere Kinder im Stadtteil ebenfalls betroffen. Ein acht Monate altes Geschwisterkind ist infiziert, HUS aber nicht ausgebrochen.

Eltern, die ihre Kleinen am Mittwoch von der Kita abholen, sind bestürzt und verunsichert. "Ich hoffe, dass sich mein Sohn nicht auch angesteckt hat", sagte ein Vater. Nach Informationen des Abendblattes war der Vierjährige Timmi erst ein bis zwei Tage vor seinem Tod in die Uniklinik Eppendorf eingeliefert worden. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits schwer krank. Der kleine Patient habe allerdings keine typischen Symptome gezeigt und sei den Ärzten "langsam unter den Händen weggestorben", sagte ein Insider. Erst am Tag nach seinem Tod sei erstmals der Verdacht geäußert worden, dass der Vierjährige an HUS erkrankt gewesen sein könnte.

Hintergrund zum Hämolytisch-Urämischen Syndrom

Daraufhin seien die Bezirksämter Nord und Altona entsprechend der Meldepflicht informiert worden. Laut Kersten Albers, stellvertretender Bezirksamtsleiter von Altona, haben die Mediziner des Gesundheitsamtes "kriminalistisch" vorgehen müssen, um die Quelle der Erkrankungen zu ermitteln. Die Mitarbeiter fragten die Eltern, zu welchem Zeitpunkt ihre Kinder wo in den vergangenen Wochen waren. Es dauerte eine Woche, bis die Spur zu dem Spielhaus Fahrenort sowie der nahe gelegenen Kita führte.

Das Spielhaus ist seit Dienstag geschlossen, eine Vorsichtsmaßnahme. Grund: In die offene Einrichtung können alle Kinder aus der Umgebung kommen. In der Kita läuft der Betrieb weiter, da alle Kontakte der Infizierten nachvollzogen werden können. Das Robert-Koch-Institut hat Röhrchen verteilen lassen, um Stuhlproben der 60 Kinder, Betreuer und Eltern zu untersuchen. "Ich bin aber skeptisch, dass wir den Infektionsherd finden werden", sagte Kersten Albers. Möglich wäre ein Planschbecken oder das Mittagessen, welches einmal in der Woche ausgeteilt wurde. Möglicherweise war aber auch ein Besuch eines Bauernhofes im Kreis Rendsburg ursächlich. 19 Kinder des Spielhauses waren dabei - die Erkrankten allerdings nicht. Sie könnten sich aber bei den Teilnehmern angesteckt haben. Immerhin klagten zwei Erwachsene und ein Kind danach über Durchfall-Symptome.

Unter den Kindern, die im UKE behandelt werden, ist ein einjähriges Kind aus Bergedorf, das sich aber schon auf dem Weg der Besserung befindet. In den vergangenen drei Wochen seien hier insgesamt sechs erkrankte Kinder behandelt worden, sagte eine Sprecherin der Klinik am Donnerstag. Zuvor waren fünf Fälle bekannt geworden. Drei Kinder wurden nach Angaben der Sprecherin gesund entlassen.

Das Zentrum für Kinder-Nierenerkrankungen im UKE ist eines von 16 Zentren in Deutschland, in denen Kinder mit Nierenversagen behandelt werden. "Deshalb kommen zu uns aus ganz Norddeutschland die Kinder, die an HUS erkrankt sind. Denn es steht immer zu befürchten, dass die Nieren ausfallen", sagt Prof. Dirk E. Müller-Wiefel, Leiter der Kindernephrologie. Der Einzugsbereich erstreckt sich von der Dänischen Grenze bis Münster, von Rostock bis Sylt. 238 kleine Patienten wurden seit 1978 im UKE versorgt. "18 Jahre lang konnten wir alle Kinder wieder gesund entlassen", sagt der Experte. Jetzt starb ein Kind an den Folgen dieser heimtückischen Krankheit.