Experten sind skeptisch, die Umstände der Ansteckung festmachen zu können. Spielhaus ist geschlossen. Erkrankte liegen noch im UKE.

Hamburg. Nach dem Tod eines vierjährigen Jungen und vier weiteren schwer erkrankten Kindern in Lurup rätseln Mediziner über die Ansteckungsquelle für den gefährlichen Keim. „Ich bin skeptisch, ob wir überhaupt etwas festmachen können“, sagte der stellvertretende Leiter des zuständigen Bezirksamts Altona, Kersten Albers. Ein Spielhaus, in dem sich die Kinder möglicherweise infiziert haben, war am Dienstag geschlossen worden. Mehr als 60 Kinder, ihre Eltern sowie das Personal eines nahe gelegenen Kindergartens sollen nun untersucht werden, ob sie ebenfalls den Erreger haben.

Die Erkrankung, der der Luruper Junge starb, war durch bakterielle Durchfallerreger ausgelöst worden. Das dortige Spielhaus wurde daraufhin geschlossen. Vier weitere Kinder aus dem engeren Umfeld des Jungen seien ebenfalls mit den sogenannten EHEC-Erregern angesteckt, erklärt das Altonaer Bezirksamt. Zwei Kinder im Alter von drei und vier Jahren liegen noch auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE). Beide seien allerdings auf dem Weg der Besserung, hieß es. Ein Zehnjähriger konnte bereits wieder entlassen werden. Am Dienstag wurde zudem ein neuer Fall bekannt: Einer der Jungen soll sein acht Monate altes Geschwisterkind angesteckt haben.

Die Erreger des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) werden vor allem durch tierische Lebensmittel, aber auch oral und durch Fäkalien weitergetragen. Das Bezirksamt, das eigenen Angaben nach am 30. Juli von dem Ausbruch unterrichtet wurde, vermutet, dass sich die Kinder in einem Planschbecken im Spielhaus Fahrenort (Lurup) oder auf einem Bauernhof infiziert haben könnten, den sie während eines Ausflugs am 15. Juli besucht hatten. An dem Ausflug hatten 19 Kinder teilgenommen.

Das Spielhaus wurde gestern vorläufig geschlossen, aus dem Bassin wurden Wasserproben entnommen. Nach Angaben von Bezirksamtssprecherin Kerstin Godenschwege werde auch ein Luruper Kindergarten in die aktuell laufenden Untersuchungen einbezogen, den zwei der erkrankten Jungen besuchten. Er ist seit Montag nach einer zweiwöchigen Betriebspause wieder geöffnet. Alle Kinder und Erzieherinnen der Kita, die Kinder des Bauernhof-Ausflugs und die Betreuer des Spielhauses sollen jetzt untersucht werden.

HUS ist eine "sehr seltene, meldepflichtige Erkrankung", sagt Prof. Frank Riedel, Direktor des Altonaer Kinderkrankenhauses. 2008 gab es bundesweit 58 Fälle. Sie tritt meist nach einer Infektion mit einem Durchfallerreger auf. "Der Erreger, das Darmbakterium E.coli, kann ein Gift freisetzen, das Darm und Niere schädigt, manchmal auch das Gehirn", so Riedel. Damit bestehe die Gefahr, dass die Versorgung lebenswichtiger Organe zusammenbreche. Generell sei HUS gut zu diagnostizieren, "und es gibt ein breites Spektrum an Therapiemöglichkeiten". Bis zu 90 Prozent der kleinen Patienten könnten in Deutschland geheilt werden. In jedem Fall sollten die Kinder zum Arzt gebracht werden, wenn sie blutigen Durchfall haben, der Durchfall länger als zwei Tage anhalte oder sie nach einer Durchfallerkrankung plötzlich schlapp und müde werden.