Deutschland steht im Länder-Renten-Vergleich gut da - trotz magerer Renditen

Mit großem Selbstbewusstsein darf Deutschland den neuen Renten-Report der OECD lesen. Kennen wir, haben wir getan, ist uns bewusst. Die Mahnungen zu längerer Lebensarbeitszeit, privater Altersvorsorge und besserer Integration Älterer auf dem Arbeitsmarkt sind hierzulande längst angekommen. Kein Rentensystem ist in der Vergangenheit so sorgfältig, so akribisch umgebaut worden wie das deutsche. Doch das ist keineswegs das Ende der Geschichte oder des drohenden Generationenkonflikts.

Dass Deutschland im internationalen Vergleich so gut dasteht, ist erkauft mit schmerzhaften Reformen. Ihre Wunden heilen nicht. Die schrittweise Einführung der Rente mit 67 mag in den Köpfen angekommen sein. In den Herzen ist sie noch nicht verankert. Zu viele Arbeitnehmer fürchten, es nicht bis dahin im derzeitigen Job zu schaffen. Das Niveau der gesetzlichen Rente wird sinken, auch wenn die Rentenkasse derzeit Rekord um Rekord vermeldet. Der niedrige Beitragssatz, die Milliardenüberschüsse sind Produkt fleißiger Bürger und umsichtiger Unternehmen. Die weiter sinkende Arbeitslosigkeit und die gestiegenen Löhne sorgen sogar mittelfristig für gute Aussichten in der Rentenversicherung, die ihre Ursprünge im Kaiserreich hat, zwei Weltkriege und die deutsche Wiedervereinigung überstanden hat.

Auch bei der privaten Altersvorsorge liegt einiges im Argen. Trotz eines Höchststandes an Riester-Verträgen ist dieses Konstrukt für viele undurchschaubar. Nicht allen Sparern ist bewusst, dass die staatlichen Zuschüsse heute bedeuten, dass ein immer größerer Teil der Rente in Zukunft besteuert wird. Und wo bleibt der Riester-Beipackzettel, den die Politik seit Langem versprochen hat? Klar und transparent sollen die Sparpläne, Versicherungen, Einzahlungen, Provisionen und Renten für jeden Verbraucher werden.

Am anderen Ende der Gehaltsskala stehen die, denen Altersarmut droht: Mini-Job bringt Mini-Rente. Das war zwar immer so. Doch die Konzepte der Regierung zur Zuschussrente für Geringverdiener sind noch nicht ausgegoren. Dasselbe gilt für die Rentenversicherungspflicht für kleine Selbstständige. Man kann nicht alle über einen Kamm scheren, die halbtags frisieren, Gemüse verkaufen oder Kinder betreuen. Hier muss die Politik den Spagat schaffen, Altersarmut zu verhindern und Lebensentwürfe von Millionen Menschen zu respektieren. Wer - warum auch immer - weniger arbeiten möchte, muss das ohne Renten-Zwangsbeitrag tun dürfen.

In jedem Fall muss die Rente flexibler werden. Gleitende Übergänge vom Job in eine Teilrente, bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten, eine durchdachte Anrechnung von Kindererziehungszeiten statt Betreuungsgeld - das sind nur einige Stichworte.

Und erneut zeigt sich, dass die gesetzliche Rentenversicherung recht krisenfest durch alle Finanzturbulenzen schippert. Auch ihre - mageren - Renditen können sich sehen lassen im Vergleich zu all den Profis, die für Banken und private Lebensversicherer mit dem Geld ihrer Kunden an den Kapitalmärkten zocken.

In Europa gilt das deutsche Rentensystem als Leuchtturm. Da werden sich Franzosen, Italiener und Griechen noch strecken müssen. Diese Finanzkrise wird nicht die letzte sein. Doch man sollte vor allem auch an die jungen Leute denken, die Berufseinsteiger, die Dauerpraktikanten, die prekär Beschäftigten. Sie sehen die wachsende Schar von Senioren häufig als Hypothek, fürchten um die richtigen Entscheidungen in einer kaum planbaren Arbeits- und Lebenswelt.

Wenn vor den nächsten Bundestagswahlen mal wieder Wohltaten zu verteilen sind - Stichwort: Rentengarantie -, dann wären diesmal die 20- bis 30-Jährigen dran. Europaweit hätte die junge Generation mal einen Rettungsschirm verdient.