Mehr als eine Million sind mit einem Funkchip ausgestattet, der ausgespäht werden kann. Laut Mastercard-Sprecher “keine Sicherheitslücke“.

Hamburg. Schnell, bequem, sicher und vor allem bargeldlos - so sollen die Kunden nach den Vorstellungen der Kreditkartenfirmen künftig an den Ladenkassen bezahlen können: Kein lästiges Suchen nach Kleingeld mehr, man muss nur die Karte kurz vor ein Lesegerät halten und in weniger als einer Sekunde wird die Zahlung durch ein Signal bestätigt.

Voraussetzung dafür sind Kreditkarten mit der neuen Funktechnik NFC (Near Field Communication). Im Zusammenspiel mit dem Handy sollen sie künftig auch das mobile Bezahlen ermöglichen. Doch von Kriminellen könnte das Handy auch zu anderen Zwecken verwendet werden, wie das ARD-Magazin "Report München" nachwies: Ein Sicherheitsexperte las mit seinem Mobiltelefon in einem Abstand von bis zu vier Zentimetern die Kreditkartennummer sowie das Ablaufdatum aus - dazu musste das Handy nicht einmal direkten Kontakt mit dem Geldbeutel haben.

In vollen Bussen und Bahnen könnten sich durchaus Situationen ergeben, in denen man ein Telefon so nahe an das Portemonnaie eines anderen Fahrgastes heranbringen kann. Mittels der auf diese Weise ausgespähten Daten sind dann Käufe im Internet möglich.

Dennoch sehen die Kreditkartenfirmen darin kein gravierendes Problem. "Das ist keine Sicherheitslücke", sagte Mastercard-Sprecher Thorsten Klein dem Abendblatt. "Wenn es eine wäre, würden wir sie schließen." Das von dem Magazin vorgestellte Verfahren sei ein "rein theoretisches Modell". In der Praxis sei kein einziger Fall eines derartigen Kartenbetrugs bekannt.

+++ Neue Kreditkarten können mit Handys ausgespäht werden +++

Zwar fragten einige Onlinehändler die für solche Geschäfte vorgesehenen Sicherheitsmerkmale - die dreistellige Prüfnummer auf der Rückseite der Karte oder ein Passwort - "bislang leider nicht ab", räumte eine Visa-Sprecherin ein. Aber: "Damit gehen diese Onlinehändler ins Risiko, denn sie haften dann bei Betrug." Geschädigte Karteninhaber müssten sich nach Angaben von Mastercard lediglich an ihre Bank wenden und die Abbuchung reklamieren, ohne dass sie die Beweislast hätten.

"Auch wenn der Kunde nicht haftet, wäre ein solcher Betrug für ihn in jedem Fall ärgerlich", sagte Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Es sei beunruhigend, dass die neue Technik eine solche Möglichkeit für das Ausspähen von Daten offenlasse.

Manche Experten empfehlen zur Vorbeugung gegen Ausspähung sogenannte RFID-Schutzhüllen, die für Karten oder Ausweise mit Funkchips entwickelt wurden. Von den je rund 15 Millionen Kreditkarten, die Mastercard und Visa in Deutschland ausgegeben haben, sind bei Mastercard bisher gut 1,2 Millionen mit NFC-Technik versehen. Bei Visa sollen es bis Jahresende 500 000 sein.