Polizei veröffentlicht “Jugendlagebild 2011“ mit erfreulicher Tendenz: Täter- und Opferzahlen sinken. Handlungskonzept weiter ausgebaut.

Hamburg. Erfreuliche Tendenzen im Bereich der Jugendkriminalitä t: Wie schon im Jahr 2010 ist die Zahl der Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden, die mit Straftaten aufgefallen sind, im Jahr 2011 zurückgegangen. Insgesamt sank die Zahl der Verdächtigen um 9,2 Prozent, bei der Gewaltkriminalität verzeichneten die Ermittler 6,1 Prozent weniger Verdächtige.

Die Zahl der Opfer im jugendlichen Alter (unter 21 Jahren) ist ebenfalls gesunken. Diese Zahlen sind im aktuellen "Jugendlagebild", das die Hamburger Polizei auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat, aufgelistet. Für die Landesjugendbeauftragte der Hamburger Polizei, Kriminaloberrätin Kathrin Hennings, und ihren Vertreter Thomas Goihl ist die Entwicklung ein Beleg dafür, "dass die langjährigen Präventions- und Aufklärungsbemühungen Früchte tragen". Seit September 2011 haben die Behörden zudem ein neues Ampelsystem für auffällige Jugendliche eingeführt.

+++ Hamburger Schulen werden sensibler +++

+++ Schulen melden doppelt so viele Gewalttaten +++

Die Zahlen zeichnen ein durchweg positives Bild: 95,4 Prozent der unter 21-Jährigen in Hamburg sind im Jahr 2011 nicht kriminalpolizeilich erfasst worden. Die Zahl der auffällig gewordenen Menschen dieses Alters betrug exakt 14 940, was einem Rückgang um 1512 zum Vorjahr entspricht. Im Zehnjahrestrend ist hier gar ein Rückgang von 19,3 Prozent zu verzeichnen. Hennings: "Die Tatsache, dass nunmehr über Jahre hinweg behördenübergreifend zügiger auf zurückliegende Taten und Entwicklungen reagiert wird, dürfte sich positiv ausgewirkt haben." So seien die Zahlen deutlich gesunken, obwohl die Anzeigebereitschaft gerade bei jüngeren Menschen deutlich gestiegen ist. Neben der fortschreitenden gesellschaftlichen Ächtung von Gewalt und Gewaltanwendung hätte auch das gewachsene Bewusstsein zum Beispiel in Schulen für eine Verbesserung der Lage gesorgt, sagt Hennings.

+++ Das komplette "Jugendlagebild 2011" als PDF zum Download +++

Im Jahr 2007 hatte der Senat nach mehreren dramatischen Fällen das Konzept "Handeln gegen Jugendgewalt" beschlossen. Darin wurde unter anderem ein intensiverer Informationsaustausch unter den beteiligten Behörden beschlossen - insbesondere bei den sogenannten Intensivtätern, die immer wieder mit Straftaten auffällig werden. "Aus unserer Sicht ist dieses Konzept erfolgreich", sagt der Polizei-Jugendbeauftragte Goihl. Auch die Kooperation mit den Schulen funktioniere besser. Goihl: "Jede Schule hat inzwischen einen entsprechenden Ansprechpartner bei der Polizei, den sogenannten Cop4U. In den zurückliegenden Jahren hat die Polizei im Schnitt 236 Beamte an 499 Schulstandorten eingesetzt. Seit Sommer 2008 findet regelmäßiger Präventionsunterricht in allen fünften bis achten Klassen statt." Die Zahl der sogenannten Fallkonferenzen, bei denen sich Vertreter beteiligter Behörden und Dienststellen über konkrete Problemfälle austauschen, ist im Jahr 2011 verdoppelt worden. Wurden im Jahr 2010 noch etwa 60 Fälle behandelt, waren es 2011 bereits rund 120.

Seit September 2011 führen die Behörden zusätzlich sogenannte Obachtverfahren durch. Darin werden - koordiniert von der Polizei - behördenübergreifende Maßnahmen beschlossen, die besonders gewalttätigen Jugendlichen und Heranwachsenden Perspektiven eröffnen sollen. Hennings: "In diesen Verfahren wird ein passgenaues Gesamtkonzept für den einzelnen Minderjährigen entwickelt. Ein Nebeneinander verschiedener Einzelmaßnahmen wird so vermieden."

Aktuell führt die Koordinierungsstelle 266 Personen in Obachtverfahren. Leistet sich einer dieser Minderjährigen eine Verfehlung, gibt die entsprechende Behörde im Ampelsystem eine Warnmeldung an die Polizei. Die Schulbehörde würde zum Beispiel eine "Rot-Meldung" herausgeben, wenn der Minderjährige einen Lehrer angegriffen hat. Die Jugendgerichtshilfe würde eine "Gelb-Meldung" übermitteln, wenn der Betreffende eine Therapie abbricht. Die Jugendhilfe gäbe eine "Grün-Meldung", wenn Eltern und Jugendliche neue Hilfeangebote annehmen. In der Koordinierungsstelle werden dann weitere Maßnahmen initiiert.

Die Zahl der "Normengespräche", bei denen Polizeibeamte delinquenten Jugendlichen die Konsequenz ihres Handelns für die Opfer und für den Täter selbst vor Augen zu führen versuchen, ist im vergangenen Jahr mit 909 konstant geblieben.