Sechs Hamburger Studenten setzten sich in einem internationalen Jura-Wettbewerb durch - teils gegen 1000 andere Studenten.

Hamburg. Wie sie an diesem Tag in dem kleinen Café an der Rothenbaumchaussee zusammensitzen, in Flip-Flops, bunten Blusen, Turnschuhen und Kapuzenpullovern, haben sie in den letzten Monaten relativ selten ausgesehen. Seriöse Anwälte tragen nämlich Anzug und Kostüm bei der Arbeit - auch wenn es sich um einen Studentenwettbewerb handelt. Die sechs jungen Jurastudenten der Universität Hamburg hatten ausreichend Eifer, um in einem internationalen Schiedsgerichtsverfahren im Bereich des Uno-Kaufrechts zu brillieren.

Dass es sich um einen fiktiven Fall bei dem sogenannten Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot handelte, organisiert von der Pace-Universität New York, schmälerte den Ehrgeiz der angehenden Juristen nicht. Ganz im Gegenteil: Die 21 Jahre alte Laura Liefländer konnte sich bei dem Wettbewerb vor der internationalen Jury in Wien gegen 1000 gegnerische Studenten von 281 Universitäten als beste Sprecherin des Wettbewerbs durchsetzen.

+++ Recht fasziniert +++

Freundlich, aber bestimmt redet die junge Frau, wenn sie über den Wettbewerb spricht. Argumentiert klar, spricht strukturiert. "Sie hat einfach auf jede Frage eine Antwort", sagt Teamkollegin Constanze Köttgen, "und das ist wirklich beeindruckend." Auch in der Teamwertung konnten die Hamburger Erfolge verbuchen: Ihre gemeinsam erarbeiteten Schriftsätze in dem simulierten Streitfall um den Umbau und Verkauf einer Yacht gehörten zu den besten des Wettbewerbs.

Über ein Semester hinweg wurden aus Johann Busch, Lydia Lange, Constanze Köttgen, Antonia Sommerfeld, Jürgen Mehrtens und Laura Liefländer renommierte Advokaten, die sich sechs Monate mit einem komplexen juristischen Fall befassten - eine Art Planspiel, an dem sich Teams aus 71 Ländern beteiligt hatten.

Bis auf die 20 Jahre alte Antonia, die derzeit im vierten Semester Jura studiert, ließen die anderen fünf Teilnehmer ihr Studium ein Semester lang ruhen. Zu hoch war der Arbeitsaufwand für das Verfassen von Schriftsätzen, für das Recherchieren und das Training für ein sicheres Auftreten vor Gericht. "Für mich war ausschlaggebend, endlich mal praktisch arbeiten zu können, es hat sich wirklich gelohnt", sagt Johann Busch. "Das Verfassen der Schriftsätze in der ersten Phase war noch recht trocken - aber als es dann um das Sprechen und Präsentieren ging, hatten wir wirklich unseren Spaß."

Mit dem klaren Ziel vor Augen, nämlich sich an den sechs fiktiven Verhandlungstagen in Wien im Finale bei den mündlichen Verhandlungen gegen die anderen internationalen Teams durchzusetzen, starteten die sechs Hamburger ab Januar in die Trainingsphase. Schon während der Vorbereitung trafen die Studierenden auf ihre Konkurrenten aus aller Welt. Man diskutierte und argumentierte mit potenziellen Konkurrenten, aber auch mit erfahrenen Juristen konnten die Studierenden fiktiv ihre Kräfte messen. Dafür musste viel gereist werden, unter anderem auch nach New York.

"Da kam schon das eine oder andere Mal wirklich eine Art Klassenreisengefühl auf", bestätigt Lydia Lange. "Gemeinsam im Hotel zu schlafen, zu fliegen - nur auf Lehrer mussten wir nicht mehr hören", fügt sie lachend hinzu. Schnell wurde aus der Gruppe ein eingeschworenes Team, in dem jeder eine Art Rolle übernahm. Laura, die Organisatorin. Lydia, die Recherche-Expertin. Constanze, das Argumentationstalent. "Antonia, die Jüngste von uns, war immer in der Lage, offen auf die Leute zuzugehen, wenn das Hamburger Team mal wieder unterkühlt rüberkam", sagt Johann, der immer für gute Laune im Team sorgt. Bei Hektik und Nervosität war Jürgen für Entspannung in der Gruppe verantwortlich. "Das Team hat wirklich gut harmoniert", bestätigt Ylva Lorenzen, die der Gruppe als ehemalige Teilnehmerin als Unterstützung zur Seite stand. Mit zwei weiteren Coaches, Okka Thörner und Till Feldmann, und mit der Professorin Bettina Heiderhoff war sie es auch, die das Team zusammenstellte.

"Wichtig war uns, dass wir die Motivation bei den Teilnehmern erkennen konnten, Englischkenntnisse waren wichtig - und natürlich auch das Selbstbewusstsein, vor Leuten sprechen zu können", so Lorenzen. "Und das haben wir bei diesen Jungs und Mädels wirklich gefunden."

Als Belohnung gab es für die sechs Studierenden einen Blick über den Tellerrand des Studiums hinaus - denn mit dem Verhandeln in einem Schiedsgerichtsverfahren hatten die jungen Juristen bislang noch keine Erfahrungen machen können.

"Auch das freie Sprechen und Verhandeln auf Englisch und den Leistungsdruck souverän zu bewältigen, das ist eine große Herausforderung - das brauchen sie nämlich, um später im Beruf erfolgreich sein zu können", sagt Coach Ylva Lorenzen. "Und ganz nebenbei haben wir auch Kontakte zu renommierten Kanzleien knüpfen können - sogar zu Rechtsanwälten in New York", sagt Constanze Köttgen. "Wenn das mal keine guten Voraussetzungen für unsere berufliche Zukunft sind."