Für Olaf Scholz wird das Regieren nach der Abstimmungsniederlage schwieriger

Das war nicht nur ein blaues Auge, es waren gleich zwei: Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat seine erste Niederlage in der Bürgerschaft bei einer wichtigen Abstimmung erlitten. Dass sein Kandidat für den Posten des Landesrechnungshofspräsidenten, der Christdemokrat Stefan Schulz, im ersten Wahlgang durchfiel und im zweiten nur mit Ach und Krach gewählt wurde, bedeutet eine Zäsur in der noch kurzen Amtszeit des Bürgermeisters.

Scholz' grandioser Wahlerfolg 2011, sein bisweilen autoritärer Führungsstil, sein zweites Amt als SPD-Landeschef und nicht zuletzt seine Beliebtheit und hohe Akzeptanz bei den Bürgern - das alles hat dem Sozialdemokraten eine scheinbar unumschränkte Macht verliehen. Scholz selbst hat gelegentlich durch Äußerungen und Verhalten dazu beigetragen, dass dieser öffentliche Eindruck noch verstärkt wurde. Mindestens hat er seine Aufgabe nicht darin gesehen, den Anschein zu widerlegen.

Wahr war die Rede von "König Olaf" nie. Auch ein mit absoluter Mehrheit ausgestatteter Bürgermeister ist selbstverständlich kein absoluter Herrscher. Er ist in erster Linie abhängig von den Abgeordneten seiner Fraktion, die ihm diese Mehrheit immer wieder neu verschaffen müssen. Die Zäsur vom Mittwochabend besteht darin, dass dies nun auch ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist.

Die politische Botschaft der Abstimmung lautet für Scholz: Es gibt keine Gewissheit und Sicherheit, dass die Mehrheit steht. Es ist dabei nicht so erheblich, dass ein Teil der Neinstimmen für Stefan Schulz in diesem Fall auch aus dem CDU-Lager gekommen sein kann. In einem ruhigen Moment wird auch Scholz sich sagen, dass es Abweichler im eigenen Lager gegeben haben muss.

Was folgt daraus? Scholz wird als kluger, vorausschauender Politiker seine Strategie ändern müssen: Er wird künftig stärker auf die Belange, die "Befindlichkeiten" in seiner Fraktion Rücksicht nehmen. Das wird schon sehr schnell bei den Beratungen über den Haushalt 2013/14 eine Rolle spielen. Einschnitte in das soziale Netz, die aufgrund der Haushaltslage unvermeidlich sein werden, rühren an das politische Selbstverständnis vieler Sozialdemokraten. Mit einem Wort: Das Regieren ist für Olaf Scholz seit Mittwoch schwieriger geworden.

Misslich ist die Lage nach der Schulz-Wahl für Scholz und die SPD noch aus einem zweiten Grund: Gedacht war die Kür eines Christdemokraten als geschickte Einbindung der Opposition in das Gefüge der Macht. Doch an die Stelle einer vertrauensbildenden Maßnahme ist nun Misstrauen getreten. Der Deal der beiden größten Fraktionen in der Bürgerschaft wäre um ein Haar schiefgegangen: Jetzt hagelt es wechselseitige Vorwürfe, was die Verantwortung für das Beinahe-Desaster angeht.

Die CDU hatte bei der Entscheidung über die Erhöhung des städtischen Anteils an der Traditionsreederei Hapag-Lloyd Entgegenkommen bewiesen. Mit der Bereitschaft, einer sofortigen endgültigen Abstimmung zuzustimmen, hatte die Union der SPD aus der Patsche geholfen, obwohl die CDU gegen den Hapag-Lloyd-Deal war. So bald dürfte es derart freundliche Hilfe der CDU nicht wieder geben.

Wenn es Scholz' Kalkül war, einen vermeintlich schwachen Präsidenten zu küren, der ihm als oberster Finanz-Kontrolleur möglichst wenig Probleme bereitet, dann hat er dafür einen hohen Preis bezahlt. Es gibt erste Kratzer im Lack. Allerdings: Zugeben würde Scholz ein solches Kalkül nicht.