Senat setzt die Ernennung des früheren Staatsrats Stefan Schulz aus. Opposition hat Klage wegen des zweiten Wahlgangs eingereicht.

Hamburg. Er ist erst wenige Tage im Amt, doch jetzt hat Verfassungsgerichtspräsident Joachim Pradel schon seinen ersten Fall auf dem Tisch: Die Oppositionsfraktionen von GAL, FDP und Linken in der Bürgerschaft haben gestern eine Klage beim höchsten Hamburger Gericht eingereicht. Es geht um die nach Ansicht der drei Fraktionen nicht rechtmäßig zustande gekommene Wahl des früheren Staatsrats Stefan Schulz (CDU) zum Präsidenten des Rechnungshofs am vergangenen Mittwoch in der Bürgerschaft. An diesem Tag war auch Pradel gewählt worden.

Den Oppositionsfraktionen geht es darum, durch das Gericht feststellen zu lassen, dass der zweite Wahlgang nicht am Mittwoch hätte stattfinden dürfen. Schulz hatte im ersten Wahlgang die erforderliche Zweidrittelmehrheit um drei Stimmen verpasst. Mindestens zehn Abgeordnete aus den Reihen von SPD und CDU hatten dem CDU-Mann ihre Stimme verweigert.

+++Der Neue ist ein Beust-Vertrauter+++

+++Bürgerschaft: Schulz getroffen, Scholz gemeint?+++

Die Verfassung sieht eine Wiederholung der Wahl, also einen zweiten Wahlgang, nicht vor. SPD und CDU setzten mit ihrer Zweidrittelmehrheit aber durch, dass ein erneuter Antrag des Senats, Schulz zu wählen, auf die Tagesordnung der laufenden Sitzung gesetzt wurde. Im zweiten Wahlgang erhielt der CDU-Mann exakt die vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit von 81 Stimmen.

Grundsätzlich lässt die Geschäftsordnung der Bürgerschaft Abweichungen von der beschlossenen Tagesordnung zu, wenn zwei Drittel der Abgeordneten dem zustimmen. Nach Auffassung der Kläger und ihres Rechtsanwalts Prof. Holger Schwemer gilt das aber nur für Änderungen des Ablaufs, nicht für neue Anträge oder Vorlagen.

Es habe sich beim zweiten Wahlgang gerade nicht um einen Zusatzantrag gehandelt, so hatte der Senat seine Vorlage auch nicht bezeichnet. "Vielmehr wurde die Vorlage mit eigenständiger Drucksache und damit als selbstständiger Tagesordnungspunkt der Präsidentin der Bürgerschaft zugeleitet", heißt es in dem zehnseitigen Antrag Schwemers an das Verfassungsgericht. Nachträge könnten jedoch nur dann auf die Tagesordnung genommen werden, wenn Einvernehmen aller Fraktionen herrscht. Das war aber nicht der Fall.

"Wir sehen durch das Vorgehen von SPD und CDU die Rechte der Abgeordneten und der kleinen Oppositionsparteien verletzt", sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. "Die Rechte der Opposition müssen gerade bei Entscheidungen, die nur mit Zweidrittelmehrheit getroffen werden dürfen, unbedingt gewahrt bleiben", sagte FDP-Fraktionschefin Katja Suding. "Wir haben uns der Klage angeschlossen, weil der Rechnungshofspräsident eine überparteiliche Person sein soll", sagte Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn. Die Umstände von Schulz' Wahl seien dem Amt nicht angemessen.

"Die Bürgerschaftskanzlei hat den Fall rechtlich geprüft, und auf dieser Basis haben wir den zweiten Wahlgang beantragt", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Der Senat hat dem Verfassungsgericht zugesichert, die Ernennung von Schulz auszusetzen, bis es in der Sache entschieden hat.