Unternehmenschef Friege geht wegen unterschiedlicher Auffassungen. Heiko von Tschischwitz will Tempo erhöhen.

Hamburg. Die Nachricht kommt völlig überraschend: Der Chef des Hamburger Ökostrom-Anbieters Lichtblick, Christian Friege, wird das Unternehmen verlassen. Zuvor ist es zwischen Friege, der Lichtblick seit Ende 2008 führt, und dem Aufsichtsrat offenbar mehrmals zu Kontroversen über die künftige Ausrichtung des Unternehmens gekommen.

Michael Saalfeld, Mehrheitseigner der Firma, setzte deshalb kurzerhand wieder den früheren Geschäftsführer und Lichtblick-Aktionär Heiko von Tschischwitz an die Spitze des Unternehmens, das insgesamt zehn Anteilseignern gehört. Tschischwitz, bis gestern Aufsichtsratsvorsitzender des Ökostrom-Anbieters, stand der Firma bereits seit der Gründung 1998 bis Ende 2008 vor. Saalfeld, ein sehr scheuer Hamburger Unternehmer, der bereits in zahlreiche Projekte der erneuerbaren Energien investiert hat, übernahm gestern erstmals persönlich zudem den Vorsitz des Kontrollgremiums.

Friege hat in den vergangenen Jahren bei Lichtblick viel erreicht. Der Umsatz hat sich von 330 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 625 Millionenim vergangenen Jahr fast verdoppelt. Die Kundenanzahl erhöhte sich von 440.000 auf 627.000, die Zahl der Beschäftigten ist von 254 auf 440 gestiegen. Doch inzwischen gibt es Hunderte von Ökostromtarifen auf dem Markt. Die deutsche Nummer eins bekommt immer mehr Konkurrenz. Vor allem in der Hansestadt, wo der städtische Anbieter Hamburg Energie die Tarife von Lichtblick unterbietet.

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Gemeinsam mit dem Volkswagen-Konzern hat Friege im vergangenen Jahr den Vertrieb von Zuhause-Kraftwerken, also kleinen Blockheizkraftanlagen, gestartet. Sie erzeugen Wärme und in geringen Mengen auch Strom. VW liefert die Anlagen und Lichtblick vermarktet sie. Ziel ist es, mit vielen kleinen Anlagen zu ermöglichen, dass Deutschland von Großkraftwerken unabhängig wird.

Tschischwitz will aufs Tempo drücken. "Wir glauben, dass Deutschland eine dezentrale Energieversorgung, viel schneller als gedacht, etablieren kann", sagte Tschischwitz dem Abendblatt. Die Energiewirtschaft befinde sich in einer tief greifenden Transformation. "Dabei entstehen vielfältige und neuartige Geschäftspotenziale, die weit über die klassische Versorgung mit Energie hinausgehen werden", so der neue Chef. "Lichtblick hat mit seiner ökologischen Positionierung, seinem breiten bundesweiten Kundenstamm sowie seinen hoch motivierten und qualifizierten Mitarbeitern die besten Voraussetzungen, einer der großen Gewinner der Energiewende zu werden."

Lichtblick hat eine Software entwickelt, die es möglich macht, verschiedene Energieerzeuger wie etwa Blockheizkraftwerke oder Speicher wie Batterien von Elektroautos miteinander zu vernetzen. Ziel ist es nun, dass der Umsatz mit den neuen Geschäftsfeldern schnell die Höhe der Erlöse vom Ökostrom- und -gasverkauf erreicht. Auch bei diesem Thema soll es unterschiedliche Meinungen gegeben haben.