Das Hamburger Unternehmen LichtBlick will das Geschäft mit den Anlagen stark ausbauen. Energieversorger stellt neue Mitarbeiter ein.

Hamburg. In seinem Job in Hamburg hat Christian Friege nur eine Richtung erlebt - aufwärts. Seit der 46-Jährige im Jahr 2008 als Geschäftsführer des Ökostrom- und Gasanbieters LichtBlick in die Hansestadt kam, hat sich der Umsatz des Unternehmens von 330 Millionen Euro 2008 auf 625 Millionen im vergangenen Jahr fast verdoppelt. Die Kundenanzahl erhöhte sich von 440.000 auf 627.000, die Zahl der Beschäftigten ist von 254 auf 440 gestiegen. "Und wir suchen Mitarbeiter", sagte Friege dem Abendblatt. Nachdem das Team 2011 um 120 "LichtBlicker" verstärkt wurde, sind derzeit ein gutes Dutzend Stellen offen. Unter anderem werden IT-Spezialisten und Berater im Kundenservice benötigt.

Nicht nur die höhere Nachfrage der Kunden nach Energie aus regenerativen Quellen, etwa nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, hat die Mitarbeiterzahl und den Umsatz steigen lassen, sondern auch das neue Geschäftsfeld mit Zuhausekraftwerken. Seit gut einem Jahr vermarktet das Hamburger Unternehmen zusammen mit Volkswagen Blockheizkraftwerke (BHKW) für größere Einzelhäuser, Wohn- oder Gewerbeanlagen.

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VW ist dabei vor allem für den Motor zuständig. 450 Anlagen sind bundesweit bereits aufgestellt worden, davon 270 in Hamburg. Jetzt will Friege das Tempo erhöhen. Der Clou an solchen Anlagen, die LichtBlick als Zuhauskraftwerk vermarktet, besteht darin, dass nicht nur Wärme, sondern auch Strom erzeugt werden kann, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. 13,5 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms stammt bereits aus der Kraftwärmekopplung der Blockheizkraftwerke. Bis 2020 soll der Anteil als Beitrag zur Energiewende sogar auf 25 Prozent steigen.

Anders als üblich werden die Anlagen des Hamburger Unternehmens nicht durch die Hausbesitzer gesteuert, sondern von LichtBlick zentral von Hamburg aus gemanagt. "Der Vorteil besteht darin, dass wir dann Strom erzeugen können, wenn weniger Wind weht und damit weniger Strom aus Windkraftanlagen eingespeist werden kann", so Friege. Bislang muss bei einem Ausfall von Strommengen von den Energiekonzernen eine Ersatzanlage, etwa ein Gaskraftwerk, angefahren werden, um zu verhindern, dass das Netz zusammenbricht. Gebe es viele dezentrale Blockheizkraftwerke, würde eine große Gasanlage für die sogenannte Regelleistung nicht mehr benötigt.

Doch bis dahin sind noch einige Hürden zu überwinden. So müssten sich die deutschen Netzbetreiber und die Inhaber der Anlagen zusammensetzen und Wege finden, damit der Strom aus den Kleinkraftwerken tatsächlich genau dann ins Netz fließen kann, wenn er gebraucht wird. Friege ist zuversichtlich. Er rechnet bereits mit 100.000 Zuhausekraftwerken, die sein Unternehmen in den kommenden Jahren aufstellen kann. "Mit deren Leistung könnte man zwei Atommeiler ersetzen", sagt er. Statt Anlagen, die zentral von einer Stelle aus ganze Regionen mit Strom versorgen, könnten dann die vielen dezentralen Minikraftwerke diese Aufgabe übernehmen. Schwarmenergie nennen Experten diese Art der Stromversorgung, weil die Anlagen - wie ein Vogelschwarm - breit verteilt sind.

Die eigentliche Aufgabe des Zuhauskraftwerkes ist es aber, für Wärme zu sorgen, weshalb alle Anlagen mit einem Wärmespeicher ausgerüstet sind. Die Anschaffungskosten liegen mit rund 20 000 Euro zwar hoch, aber nach etwa zehn Jahren soll sich die Anschaffung amortisiert haben. LichtBlick verlangt nur 5000 Euro, dafür bleiben die Anlagen aber im Eigentum des Unternehmens. Neben den bisherigen Anbietern wie LichtBlick springen mittlerweile auch branchenfremde Anbieter auf den Zug auf. So will auch die Telekom künftig solche Anlagen anbieten - in Zusammenarbeit mit Stadtwerken.

Im Strom- und Gasgeschäft dürfen die Kunden von LichtBlick derweil nicht preissensibel sein. In Hamburg verlangt das Unternehmen derzeit für eine Kilowattstunde Ökostrom 24,19 Cent. Der günstigste Tarif des städtischen Konkurrenten Hamburg Energie beträgt nur 21,90 Cent. Für Gas bezahlen Lichtblick-Kunden 6,49 und 5,63 Cent bei einem Verbrauch von mehr als 10 000 Kilowattstunden im Jahr. "Wir bieten nachhaltige Produkte an und wirtschaften auch nachhaltig", sagt Friege. "Wir können es uns nicht leisten, pro verkaufte Kilowattstunde Geld zu verlieren." Quersubventionen aus anderen Beteiligungen der Hamburger Familie Saalfeld, des Mehrheitsaktionärs von LichtBlick, gebe es nicht.

"Wir müssen unsere Investitionen erwirtschaften", so der Chef. Allein 2010 und 2011 wurden 18 Millionen Euro vor allem in die neuen Zuhausekraftwerke investiert. "Diesmal legen wir nochmals einen zweistelligen Millionenbetrag drauf." Die Kunden honorieren dies laut Friege. Zwar wachse das Unternehmen in Hamburg derzeit langsamer als früher, "aber wir legen zu und haben noch keine Kunden verloren".