Hunderte Bürger an der Dove Elbe in Hamburg bekommen noch immer keinen DSL-Zugang. Sie sind verärgert, eine Lösung ist nicht in Sicht.

Hamburg. Das Leben läuft ein wenig langsamer am Allermöher Deich. Kühe grasen an der Dove Elbe, Vögel zwitschern, und ab und an kommt ein Auto an den gepflegten Gärten und alten Bauernhäusern vorbei. Keine Hektik, kein Stress, aber auch kein schneller Zugang zum Internet. Während sich andere Hamburger riesige Videodateien in Sekunden aus dem Netz ziehen, warten die Anwohner hier in den Vier- und Marschlanden schon seit Jahren auf einen einfachen DSL-Anschluss. Auf einem Abschnitt zwischen den Hausnummern 100 und 259 gibt es aber nur eine langsame ISDN-Verbindung.

"Wir sind keine Hinterwäldler, aber wir werden zu solchen gemacht", sagt die Steuerfachgehilfin Birgitt Witt, die am Allermöher Deich 163 wohnt. Wenn die alleinerziehende Mutter mit einer halbwegs erträglichen Geschwindigkeit im Netz surfen will, muss sie erst mal einen teuren UMTS-Stick in ihren Rechner stöpseln.

"Mit der Verbindung über das Mobilfunknetz kann ich zwar meine E-Mails abfragen und einfache Internetseiten aufrufen", sagt die 50-Jährige. Doch Filme aus der Mediathek von ARD oder ZDF abzurufen oder der Einkauf von Musiktiteln im Netz, das funktioniere entweder gar nicht oder wird zur aufreibenden Geduldsprobe. Hinzu kommen die hohen Kosten für die Verbindung. "Zu unserem Telefonanschluss für rund 30 Euro im Monat kommen noch zweimal 20 Euro für die zwei Surfsticks, mit denen meine Tochter und ich ins Internet gehen", so Witt.

"Eine E-Mail mit mehreren Bildern zu versenden kann schon mal ein paar Stunden dauern", erzählt Witts Nachbarin Andrea Enger. Sie arbeitet im Gemeindebüro der Dreieinigkeitskirche, die am Allermöher Deich 99 liegt. Dort gibt es zwar einen DSL-Anschluss, doch der kommt mit einem Drittel der sonst niedrigsten Übertragungsgeschwindigkeit von einem Megabit pro Sekunde auch nur auf ein extrem niedriges Tempo. "Der Austausch von Daten mit dem Großrechner der evangelischen Kirche ist so kaum möglich", sagt sie.

Mit einer Unterschriftenaktion und einer Anhörung im zuständigen Regionalausschuss haben die Anwohner des Allermöher Deichs bereits versucht, endlich eine schnelle Internetverbindung zu bekommen. Bislang vergebens. "Ich fühle mich wie ein Hamburger zweiter Klasse", sagt der CDU-Bezirksabgeordnete Jörg Froh, der ebenfalls an der Straße wohnt. Aus seiner Sicht beschränkt sich das Problem nicht nur auf einen Abschnitt am Allermöher Deich, sondern betrifft noch eine Reihe von weiteren Straßenzügen. "In den Vier- und Marschlanden gibt es noch jede Menge weiße Flecken, an denen es keine schnelle Internetverbindung gibt", sagt er. "Auf jeden Fall sind mehrere Hundert Bürger von diesem Problem betroffen."

Wo genau die noch unterversorgten Gebiete in Hamburg liegen, lässt sich nur schwer ermitteln. Sowohl die Stadt als auch die großen Breitbandanbieter wie die Telekom verweisen auf die grundsätzlich gute Versorgung mit DSL-Anschlüssen, die bei mehr als 99 Prozent liegen soll. Der Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums ( www.zukunft-breitband.de ) zeigt aber insbesondere im Bezirk Bergedorf, im Hafen sowie rund um große Grüngebiete wie den Stadtpark Lücken in der Versorgung auf.

"Die Schwierigkeit am Allermöher Deich besteht darin, dass die nächste Vermittlungsstelle für die schnelle Internetverbindung zu weit von dem betroffenen Straßenabschnitt entfernt liegt", sagt der Sprecher für die Region Nord bei der Deutschen Telekom, Lorenz Steinke. Die Entfernung zwischen dem DSLAM genannten Verteilerknoten und den einzelnen Hausanschlüssen dürfe bei maximal vier Kilometern liegen, sonst werde das Signal zu schwach.

Der Bau einer weiteren Vermittlungsstelle rechnet sich für die Telekom offenbar nicht. "Es gibt Straßenabschnitte, für die ein Ausbau der DSL-Verbindungen wirtschaftlich nicht darstellbar ist", sagt Sprecher Steinke. Auch andere Anbieter sahen sich bisher nicht in der Lage, die Allermöher an das DSL-Netz anzubinden.

Als einzige Lösung verweist die Telekom auf die neue Mobilfunktechnologie LTE (Long Term Evolution), die künftig auch ein Surfen über das Handynetz in DSL-Geschwindigkeit ermöglichen soll. Dem Bezirksabgeordneten Jörg Froh flatterte sogar schon ein Prospekt mit einem entsprechenden Angebot ins Haus. Freudig bestellte er einen Experten der Telekom, um festzustellen, ob die neue Technik bei ihm tatsächlich funktionieren würde. "Der hat dann die Signalstärke bei uns gemessen und festgestellt, dass wir dieses neue Angebot auch nicht nutzen können", erzählt er enttäuscht

Froh will nun den politischen Druck erhöhen, um endlich an eine schnelle Internetverbindung zu kommen. Vonseiten des Senats, wo seit dem Regierungswechsel das Amt für Medien angesiedelt ist, kann er allerdings keine große Hilfe erwarten. Dort verweist man darauf, dass die Bürger zwar einen Rechtsanspruch auf eine Telefonverbindung, nicht aber auf einen DSL-Anschluss haben und dieser Bereich privatwirtschaftlich organisiert sei.

"Die Stadt hat das Thema Breitbandversorgung gegenüber den Netzbetreibern mehrfach angesprochen und wird dies auch weiterhin tun", sagt der stellvertretende Senatssprecher Jörg Schmoll. Insgesamt sei Hamburg "ausgezeichnet" mit schnellen Internetanschlüssen versorgt.