Diplom-Ingenieur Rolf Gläßner, 60, ist Direktor am Rechnungshof Hamburg

1. Hamburger Abendblatt:

Hamburg nimmt derzeit nur sechs Millionen Euro durch kostenpflichtige Parkplätze ein - Tendenz sinkend. Der Rechnungshof sieht Potenzial für bis zu 43 Millionen Euro. Was macht Hamburg falsch?

Rolf Gläßner:

Der Kern der Misere ist, dass es kein vernünftiges Programm für die Parkraumbewirtschaftung gibt. Das moniert der Rechnungshof seit vier Jahren. Die Überwachung der Parkvergehen muss optimiert werden. Damit sich eine präventive Wirkung entwickelt, müssen Regelverstöße zudem konsequent geahndet werden. Außerdem muss Hamburg endlich Datenmaterial erschließen. Nur wenn Zahlen und Fakten über Fluktuation, Stellplätze, Überwachungsdichte etc. vorliegen, ist es möglich, ein vernünftiges Konzept zu entwickeln.

2. Und mit einem Konzept könnte Hamburg tatsächlich 43 Millionen Euro pro Jahr über Parkplatzgebühren einnehmen?

Gläßner:

Diese Summe ist der rechnerisch höchstmögliche Wert, der auf allen kostenpflichtigen Parkplätzen in Hamburg zusammen zu erreichen wäre. Aber schon der CDU-Senat hatte 2007 Potenzial für 16 Millionen Euro gesehen. Trotzdem nimmt Hamburg zehn Millionen Euro weniger ein. Man muss sich fragen, warum?

3. Würde es Sinn machen, die Parkgebühren zu erhöhen, um mehr Geld einzunehmen?

Gläßner:

Ich glaube nicht, dass der Preis das Problem ist. Höhere Gebühren allein bringen nichts. Die Einnahmen wären ja deutlich höher, wenn die Parkplätze konsequent überprüft würden. Es ist aber nicht die Aufgabe der Parkgebühren, den Haushalt zu sanieren.

4. Stichwort Verkehrssteuerung: Lässt sich über konsequente Parkraumbewirtschaftung der Verkehr innerhalb der Städte lenken?

Gläßner:

Ja. Eine Stadt muss sich fragen, was sie für verkehrspolitische Ziele hat. Gibt es nur wenige Parkflächen, die zudem kostenpflichtig sind, ist der Anreiz kleiner, mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren. Gibt es viele kostenfreie Park-and-ride-Parkplätze, schaffe ich einen Anreiz, diese auch zu nutzen. Habe ich zahlreiche kostenfreie Innenstadtparkplätze, wird dies direkte Auswirkungen auf den Stadtverkehr haben. All dies gilt es, in dem von uns geforderten Parkraumbewirtschaftungsprogramm zu bedenken.

5. Mehr Überwachung würde aber auch bedeuten, dass Hamburg mehr Personal einstellen müsste. Rechnet sich das denn?

Gläßner:

Ganz eindeutig ja. Die Mehrkosten würden - das zeigt das Beispiel der Berliner, die ein entsprechendes Konzept bereits umsetzen - durch die Einnahmen mehr als gedeckt sein.