Das iPad in Hamburg angekommen. Die Fans sorgten für gewaltigen Andrang, seit 1 Uhr nachts standen die ersten vor dem AEZ.

Es ist schon verwunderlich, dass der Preis nicht steigt. Warum 500 Euro und nicht 1000? Oder 1200? So ist das doch normalerweise bei Angebot und Nachfrage. Oder hier besser: Angebot und Verlangen. Die Menschen würden bezahlen - und glücklich sein. Denn es ist ja keine Ware, die hier verkauft wird. Sondern ein iPad: vier Buchstaben, drei kleine und ein großer. Ein Kultobjekt.


+++ Dossier: Das iPad +++

Um die 1000 mögen es sein, die mit einem seligen Lächeln der Vorfreude in der gewaltigen Schlange stehen. Es ist 7 Uhr morgens, lange bevor das Alstertal-Einkaufszentrum normalerweise öffnet. Manche sind schon seit Stunden hier. Manch ein Alter würde wohl sagen, dass er eine solche Schlange seit dem Hungerwinter 1946 nicht mehr gesehen hat. Aber heute haben die Menschen Kredit- statt Lebensmittelkarten dabei. Und deutlich bessere Laune.

Sie können sich das iPad nicht einfach kaufen. Sie müssen es. Oliver Foit ist 32 und kommt aus Trittau. Philipp Gedamke ist fünf Jahre jünger, und sein Dorf hat den viel schöneren Namen: Kuddewörde. "Wir sind Apple-Jünger", sagen sie bestimmt. Natürlich lächeln sie dabei. Aber ein Witz ist es auch nicht. PC, Laptop, Telefon - alles mit dem angebissenen Apfel. "Das ist eine Einstellungsfrage. Lifestyle statt nur Hardware", sagen sie.

Na ja, so richtig revolutionär ist das iPad ja eigentlich nicht. Eine Art Zwitter aus Smartphone und Laptop. In einem merkwürdigen Format und mit 700 Gramm gar nicht mal so leicht. Je nach Leistung und Ausstattung kosten die sechs Modelle zwischen 499 und 799 Euro.

Apple sorgt für seine Jünger. Gegen Durst und Müdigkeit werden Wasserflaschen und Becher mit Kaffee verteilt. Absperrbänder regeln den Verkehr, Ordner sorgen für, na ja, Ordnung eben. Niemand soll drängeln, keiner soll sich unter den Absperrbändern durchmogeln. "Es ist doch nur ein Computer", ruft einer aus der Menge. Und mancher schaut etwas pikiert.

Um 7.50 Uhr gerät die Menge in Aufregung. Applaus brandet auf. Der Vorhang hinter der Glasfront des Apple Stores, der das Ladeninnere und die dort aufgestapelten iPad-Kartons vor neugierigen Blicken abgeschirmt hat, fällt. Und gibt den Blick frei auf eine etwa 30-köpfigeVerkäuferschar. Es könnten auch Animateure aus einem Ferienklub sein: Sie applaudieren der Menge draußen zu, winken, lachen und verbreiten Fröhlichkeit. Draußen macht sich fieberhafte Erregung breit.

Dann öffnen sich langsam die gläsernen Schiebetüren. Für einen kurzen Moment dürfen jetzt auch Pressefotografen den Laden betreten, um ein paar Fotos zu schießen. Ansonsten müssen Journalisten draußen bleiben - ihre Fragen nach der Menge der vorrätigen iPads werden von den eben noch so fröhlichen "Apple-Animateuren" schmallippig mit den Worten "Darüber dürfen wir keine Angaben machen" abgewiesen. Sehr geheim.

Die Wandsbeker Manuela und Adrian Wudkte, beide 40, sind seit 5 Uhr hier - mit Picknickkorb und Campinggestühl. "Es ist aufregend, bei einem solchen Ereignis dabei zu sein", sagen sie. Und gleich dürfen sie kaufen. Weiter hinten macht sich Nervosität, wenn nicht leichte Panik breit. "Wie viele Geräte haben die?" Die am häufigsten gestellte Frage.

Die ersten Fingerabdrücke auf dem unbefleckten Bildschirm

Ein Ruck geht durch die Menge, die Gespräche ersterben. Einzeln und der Reihe nach werden die Apple-Jünger jetzt von ihrem ganz persönlichen Verkäufer abgeholt. Begrüßung mit Handschlag. Mit ausgesprochen freundlichen Worten werden sie ins Heiligtum hineingeführt, um - endlich! - eines der iPads in die Hand zu nehmen. Selbst von draußen ist die Ehrfurcht in ihren Gesichtern zu erkennen, wenn sie eines der 19 mal 24 Zentimeter großen, einen guten Zentimeter dicken "Wundergeräte" in die Hand nehmen. Die Finger fahren über das Gehäuse aus gebürstetem Aluminium, der erste Fingerabdruck wird auf der Glasfront hinterlassen.

Bald werden sie damit Musik hören, Filme ansehen, spielen, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften lesen, E-Mails schreiben, im Internet surfen und Briefe schreiben.

"Das ist handlicher Luxus", sagt Christian Frank, 45. Er ist Wiener. Und in Österreich ist der Verkaufsstart erst im Juli. Also ist er nach Deutschland gereist. "Eigentlich hätte ich erst morgen in Bremen sein müssen. Aber ich dachte mir, ich bring schon mal eins mit." Seit 6 Uhr ist er schon da. Die Wartezeit vertreibt er sich - ebenso wie alle anderen - durch Fachsimpelei mit den Umstehenden.

Christian Frank ist nicht der Einzige, der aus dem Ausland angereist ist. Der Journalist Hans-Hendrik Düssel, 37, ist von der dänischen Insel Fünen hergekommen. Er arbeitet für die Tageszeitung "Fyns Amts Avis". Auch Holländer dürfen nicht fehlen. Tom Roos, 26, ist mitten in der Nacht in Groningen aufgebrochen. Lieber müde, als bis Juli zu warten.

Der Hype steckt offenbar alle an - auch alle Generationen. "Ich habe einen Apple-Rechner und ein iPhone", sagt Ben Wijnbergen. Der Niederländer ist 73, und er hat die Gelegenheit zu einem Familienausflug genutzt. Er ist mit Frau Schwiegertochter und Enkelkind hier.

Sie alle sind voller Hoffnung, noch ein iPad abzukriegen. Im Gegensatz zu Oliver Gawryluk. Er hat Gewissheit: Denn er ist die Nummer eins in der Schlange.

"Ich bin um 1 Uhr heute Nacht hergekommen", erzählt der 38 Jahre alte Drucker aus Schüttorf. Das liegt an der niederländischen Grenze. Und jetzt hat er seine 15-Minuten-Berühmtheit. Als "sein" Verkäufer ihn abholt, gibt es ein Blitzlichtgewitter. Alle Kameras sind auf ihn gerichtet, und er sieht schon ein bisschen stolz aus. Nach sieben Stunden Wartezeit will er jetzt nichts überstürzen. 20 Minuten braucht er, dann hat er sein iPad in Händen - und reckt die Siegerfaust.

Unter dem Arm sein Kissen, in den Händen zwei Apple-Tragetaschen, denn er hat auch für einen Freund ein iPad besorgt. "Ich arbeite seit 15 Jahren privat und beruflich nur mit Apple-Produkten", sagt Gawryluk, "und ich hole mir alles, was das Unternehmen neu auf den Markt bringt." Das iPad, "das ist revolutionär", sagt er. "Dafür lohnt es sich, aufs Schlafen zu verzichten."

Jetzt will er nur schnell nach Hause, den Start-Button an seinem neuen Spielzeug drücken und das iPad ausprobieren. "Schlafen", sagt Oliver Gawryluk , "kann ich auch später noch."