Umweltminister Röttgen wird nachgesagt, dass er sich zu Höherem berufen fühlt. Selbst das Amt des Bundeskanzlers soll er sich zutrauen. Gestern weckte der CDU-Politiker einige Zweifel an seiner Befähigung, jedenfalls im strategischen Fach.

Die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke bedürfe "tendenziell der Zustimmung des Bundesrates", tat er kund - wenige Tage nachdem das Bundeskanzleramt eine gegensätzliche Linie vorgegeben hatte. Ganz so, als habe die Wahl in Nordrhein-Westfalen die Weichen auf Schwarz-Grün gestellt.

Röttgen, einst Mitglied der legendären Pizza-Connection, wird lernen, dass sich die Laufzeitverlängerung nicht so leicht beerdigen lässt wie die ebenfalls im Koalitionsvertrag verankerten Steuersenkungen. Mit seinem Vorstoß bot er Widersachern in den Ländern eine Gelegenheit, auf die sie lange gewartet hatten: Sie fielen über ihn her - allen voran der baden-württembergische Ministerpräsident Mappus (CDU), der ohnedies Schwarz-Grün für "unterirdisch" hält.

Dabei unterlief auch Mappus ein strategischer Fehler. 100 Tage nach seiner Amtsübernahme und zehn Monate vor der Landtagswahl im Südwesten schoss er über das Ziel hinaus. Mit seiner ultimativen Forderung, der Umweltminister müsse "zurückgepfiffen" werden, streifte er die Kanzlerin. Das Schicksal seines Vorgängers Oettinger sollte ihm ein warnendes Beispiel sein.