Der Pleitestaat wird sich ändern müssen. Aber wie wird das neue Griechenland in einigen Jahren aussehen? Die Meinungen sind geteilt.

Griechenlands Zeitungen schildern dieser Tage alle möglichen Schreckensszenarien als Folge der Krise. Einen sozialen Krieg zwischen Arbeitern und Einwanderern, eine radikale Abkehr von den etablierten Parteien bei den nächsten Wahlen. Eines ist sicher: Das Land wird sich ändern müssen. Aber wie wird das neue Griechenland in einigen Jahren aussehen? Wird es gereinigt aus der Krise hervorgehen? Wird es eine Katharsis erfahren?

"Schrecklich", meint ein Ladenbesitzer in Athen und ist vom Gegenteil überzeugt. "Wir werden zurückkehren in die Zeit des Hungers, es wird sein wie im Bürgerkrieg Ende der 40er-Jahre."

Ganz so extrem sehen es die wenigsten, vielleicht aber nur deswegen, weil ihnen noch nicht bewusst ist, was auf sie zukommt. Die meisten Menschen, die man trifft und nach ihrer Stimmung befragt, wirken wie benommen, betäubt von einem brutalen Schlag und unfähig, über die nächsten Tage hinaus zu denken. Wer es dennoch tut, kann sich wirklich nur wenig mehr vorstellen als eine endlose, immer tiefere Krise.

Dass sich bald etwas tun könnte in der Parteienlandschaft, davon ist man bei der nationalistisch-orthodoxen Partei Laos überzeugt. Rund sieben Prozent erhielt man bei den letzten Wahlen. "Aber schauen Sie mal auf eine Gallup-Umfrage, die heute Abend herauskommen wird", empfiehlt Laos-Vizechef Georgios Georgiou. "Da stehen wir als die zweitglaubwürdigste Partei des Landes", sagt er.

Laos verfolgt eine harte Linie gegenüber Einwanderern und empfiehlt unkonventionelle Mittel, um dem Finanzamt Geld zu beschaffen. Eineinhalb Millionen Gebäude sind illegal errichtet, meint Georgiou. "Lasst uns den Eigentümern eine Legalisierung anbieten, gegen eine saftige Gebühr." Allein das müsse dem Staat Milliarden von Euro bringen. "Abreißen können wir all das sowieso nicht."

Doch dann? Georgiou weiß auch nicht recht, wie es bergauf gehen könnte. "Das Problem ist, dass wir Griechen nichts produzieren. Rein gar nichts. Unser einziges Produkt ist Tourismus." Ohne einen privaten, produktiven Sektor werde es schwer. "Wenn wir es aber nicht schaffen, dann sind alle Optionen offen." Optionen ist ein Begriff, der sich eher positiv als negativ anhört.

Was denn für Optionen? Georgiou sucht und denkt und sagt schließlich: "Eine permanente Krise." Er sagt es noch einmal, leiser, wie zu sich selbst. Wenn die Griechen nur noch so viel ausgeben dürften, wie ihre Wirtschaft produziert, nämlich sehr wenig, dann hätte das Land auf absehbare Zeit seine besten Jahre hinter sich.

So wie Georgios Georgiou klingen die meisten Griechen dieser Tage. Sie sprechen wie zu sich selbst, tastend und suchend in der Dunkelheit und ohne die Kraft, sich ein Licht am Ende des Tunnels vorstellen zu können. Sie alle träumen noch den griechischen Traum und können nicht erwachen. Der Traum von einem Job bei Vater Staat, denn da sind die Gehälter doppelt so hoch wie im Privatsektor, die Arbeitsplätze sicher - und mit Sozialversicherung. Die bittere wirtschaftliche Realität spiegelt sich im Privatsektor wider: Da liegt ein typischer Lohn bei 700 oder 800 Euro im Monat, oft ohne Vertrag und ohne Sozialversicherung. Das ist das wirkliche wirtschaftliche Niveau des Landes. Mehr gibt es nur beim künstlich aufgeblähten Staat, und der hat all die öffentlichen Jobs auf Pump finanziert, und daher ist man nun bankrott. Bald werden die Jobs weg sein. Schon jetzt sind 30 Prozent der jungen Leute arbeitslos.

Was die zwei Millionen Einwanderer betrifft - bei einer Gesamtbevölkerung von elf Millionen: Sie dürften es bald noch schwerer haben, Jobs zu finden. Neue Auflagen und Strafen zwingen Unternehmen neuerdings, legale Mitarbeiter zu beschäftigen. Schon jetzt scheint sich etwas am Arbeitsmarkt zu ändern: In Stellenanzeigen wird plötzlich vor allem ausdrücklich nach griechischen Bewerbern gesucht.

Athens Straßen sind voll von fliegenden Händlern aus allen Ländern Afrikas, manche umtriebigere Asiaten haben eigene kleine Läden. "Vor zehn Jahren war es gut", sagt Mattbul, ein Ladenbesitzer in der Karolustraße. Vor zehn Jahren kam er aus Bangladesch. Jetzt weiß auch er nicht, wie es weitergehen soll, der Umsatz ist dramatisch eingebrochen. "Immerhin, so schlimm wie in der Heimat wird es in Athen auch in der tiefsten Krise nie sein", meint er.

Es gibt aber auch optimistischere Geister. "Die Krise wird das Land transformieren, zu einer funktionierenden Marktwirtschaft und Demokratie machen", sagt ein Wirtschaftsberater in Anzug und Krawatte. Aber wählen würde auch er derzeit keine der existierenden Parteien. "Es wird eine neue Partei entstehen, da bin ich mir sicher", sagt er. Technokratisch, wirtschaftsfreundlich, unpolitisch. Sobald eine solche Partei kommt, werde sie siegen.

Da kann man eigentlich nur noch viel Glück wünschen.