An der Alsterkrugchaussee sollen die Radwege bald auf die Fahrbahn verlegt werden. Die Straße wird deshalb teilweise zurückgebaut.

Fuhlsbüttel. Seit Monaten bewegt die Langenhorner Chaussee die Politik im Bezirk Nord. An Hamburgs unfallträchtigster Straße besteht Handlungsbedarf, weil rund 80 Prozent der Radwege auf der 5,2 Kilometer langen Hauptverkehrsachse in einem maroden Zustand sind. Sie sind stellenweise so brüchig, dass die Polizei im Bezirk mit der Sperrung einzelner Abschnitte droht. Jetzt zeichnet sich für die südliche Verlängerung, die Alsterkrugchaussee, eine Lösung des Problems ab: die Verlegung der Radwege auf die Fahrbahn.

Da es sich bei der Langenhorner Chaussee und Alsterkrugchaussee um eine Hauptverkehrsstraße handelt, liegt die Zuständigkeit nicht beim Bezirk, sondern bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI). Nach Informationen des Abendblatts hat sich dort die Meinung durchgesetzt, dass die Verkehrsachse zwischen Erdkampsweg und Sengelmannstraße für einen Umbau zu einer "Zweistreifigkeit mit abmarkierten Radwegen auf der Straße" geeignet sein dürfte.

Damit unterstützt die Behörde einen Vorschlag des Bezirksamtsleiters Harald Rösler (SPD), der mit dieser Idee erste praktische Erfahrungen für mögliche spätere Umbaumaßnahmen auch im nördlichen Bereich zwischen Krohnstieg und Landesgrenze sammeln will. Werden die Radwege noch in diesem Jahr auf die Fahrbahn verlegt? "Wir beabsichtigen, in enger Absprache mit der Polizei und anderen zuständigen Stellen, die entsprechenden Vorbereitungen für die möglichst zeitnahe Umsetzung der Maßnahme in Angriff zu nehmen", sagt Harald Rösler.

+++ Eine kluge Entscheidung +++

Hintergrund: Weil die beiden Fahrspuren mit rund fünf anstelle der üblichen 3,25 Meter Überbreite haben, halten viele die Langenhorner Chaussee/ Alsterkrugchaussee für eine vierspurige Straße. Die Folge: riskante Überholmanöver, ständig versetztes Fahren und permanentes Einfädeln nach den Kreuzungsbereichen.

Eine vom Senat eingesetzte Unfallkommission hat auf der Straße, die werktags zwischen 25 000 und 38 000 Autos verkraften muss, in den rund 13 Monaten von Ende September 2010 bis Anfang November 2011 insgesamt 251 Unfälle gezählt - so viele wie auf keiner anderen Straße in Hamburg. Anscheinend lädt die breite Fahrbahn viele Autofahrer zum Rasen ein. Bei einer hamburgweiten Messung am 28. Februar dieses Jahres wurde der schlimmste Raser mit 108 Kilometern pro Stunde erwischt - auf der Langenhorner Chaussee. Erlaubt ist dort Tempo 50.

Treibende Kraft für eine Verlegung der Radwege auf die Straße sind die Grünen im Bezirk. Der Bezirksabgeordnete Thorsten Schmidt sieht keine Alternative in der heiklen Platzfrage, da man nicht sämtliche Bäume fällen könne, deren Wurzeln für den schlechten Zustand der Radwege verantwortlich sind. Und auch nicht Privatgrundstücke ankaufen könne, um Platz zu schaffen. "Radfahrstreifen sind eine kostengünstige und sowohl für Rad- als auch Autofahrer eine wesentlich sicherere Lösung", sagt Schmidt.

Die nun erfolgte Absichtserklärung für einen Rückbau der Straße wird von den Grünen begrüßt. "Wir werten dies als ersten Schritt in die richtige Richtung", sagt Michael Werner-Boelz, Fraktionsvorsitzender in der Bezirksversammlung Nord. "Wir haben hartnäckig unsere Forderung weiterverfolgt und sind nun belohnt worden. Diesen Weg werden wir weitergehen und auch für die anderen Teilabschnitte den einspurigen Rückbau einfordern."

Das jedoch dürfte in der Umsetzung ausgesprochen schwierig werden, da dort das Verkehrsaufkommen wesentlich höher ist. Die von den Grünen vor rund einem Jahr geforderte Verlegung der Radwege auf der gesamten Länge der Nord-Süd-Achse wurde damals von der Bezirksversammlung mehrheitlich abgelehnt. Stattdessen wurde auf Antrag der SPD und der FDP ein Gutachten von der Verkehrsbehörde im Rahmen einer Gesamtverkehrsplanung im Norden des Bezirks gefordert.

Darauf werden die Politiker jedoch noch etwas länger warten müssen. Der Grund ist das Bauwerk am nördlichen Ende der Langenhorner Chaussee. Dort entsteht ein 80 Meter langer Tunnel in Nord-Süd-Richtung mit einem zweispurigen Kreisel als Deckel, der den Ost-West-Verkehr zum Fließen bringen soll und einen Durchmesser von 40 Metern haben wird. Erst nach Fertigstellung dieser neuen Kreuzung Ende des Jahres können seriöse Zahlen über das zukünftige Verkehrsaufkommen und die Auswirkungen auf die Langenhorner Chaussee erstellt werden.

"Nach Angaben der Behörde gehen Prognosen zum Norderstedter Verkehrsentwicklungsplan von Verkehrszunahmen an der Landesgrenze von 6000 bis 11 000 Fahrzeugen pro Tag aus", sagt Rösler. Sollten sich diese Prognosen bestätigen, würde sich die Realisierbarkeit einer insgesamt nur noch zweistreifigen Verkehrsführung weiter reduzieren.