Bildhauern mit Ton ist nicht Töpfern, sondern Kunst, bei der auch Theater gespielt wird, hat das Abendblatt gelernt. Aus einem Klumpen entstehen Kunstwerke.

Erst ist da nur ein Klumpen Ton. Ein paar Wochen später sind es Monster, die Julia, Lina, Finn, Tom, Franz und die anderen mit nach Hause bringen. Oder eine Skulptur. So wie diese Frau, die Lina, 8, in den vergangenen Wochen aus dem Ton herausgearbeitet hat. Den Mund weit aufgerissen, die Augen ganz groß. „Das ist ein wütendes Gefühl. Die hat nämlich so einen geraden Mund, und die guckt auch nicht gerade sehr freundlich“, sagt die kleine Künstlerin über ihr Werk.

In dem Bildhauerkurs von Aurelia Weber-Krohse, die alle Aurelia nennen, lernen die Kinder, wie aus dem Klumpen etwas Lebendiges, etwas Einmaliges entsteht. Denn in dem gelben, roten, weißen oder schwarzen weichen Material steckt eine ganze Menge: „Es lässt sich formen, lädt zum Experimentieren ein und macht vieles möglich“, sagt Kursleiterin Aurelia. Damit das Kunstwerk gelingt, zeigt sie den richtigen Umgang mit Material und Werkzeugen. „Glückskinder“ nennt sie ihr Kursangebot.

Gebastelt wird mit einem gemeinsamen Thema

Meistens gibt es ein gemeinsames Thema. Dafür liest Aurelia zum Beispiel etwas aus einem Buch vor: „Gespensterjäger“ haben sie gelesen oder „Die schönsten Sagen aus aller Welt“. Diese Geschichten sind wichtig, weil sich daraus Themen ergeben wie Leben und Tod, Mut, Gefangenschaft und Freiheit, oder es geht in den Büchern um Mädchen, die sich etwas trauen, was sich sonst nur Jungs zumuten. Daraus entwickeln sich dann Motive und Figuren. „Es geht immer um Gefühle, wenn du eine Skulptur machst“, sagt Aurelia zu den Kindern. „Es ist daher wichtig, dass du etwas spürst.“ Dadurch werde die Skulptur beweglicher, lebendiger.

Damit Lina, Julia und die vier Jungs das mit den Gefühlen begreifen, spielt Aurelia mit ihnen auch immer ein wenig Theater. Das sind keine langen Theaterstücke, für die man Sätze auswendig lernen müsste. Es geht eher darum, dass die Kinder spüren, wie sich Gefühle ausdrücken lassen. Wichtiger als das Reden ist es, mit dem Körper etwas darzustellen. Wer erschrocken ist, reißt zum Beispiel die Augen weit auf, oder bei Wut runzelt man die Stirn.

Die Kinder spielen sich gegenseitig kurze Szenen vor, ohne Kostüme, weil das schlecht wäre für die Körperarbeit. Diese kleinen Vorführungen sind wichtig, Aurelia sagt: „Beim Theaterspielen oder bei der Pantomime spüren die Kinder die Gefühle und können es dann besser zu Papier bringen.“ Denn bevor sie mit dem Bildhauern loslegen, werden die möglichen Figuren und Motive erst auf ein Blatt Papier gezeichnet. Manche Kinder denken, sie können gar nicht zeichnen und haben fast Angst vor dem Papier. „Als Lockerungsübung zeichnen wir zwischendurch mit geschlossenen Augen. Dann sind die Kinder überrascht, dass sie das doch können“, sagt Aurelia.

Die Kinder können frei basteln

Das Tolle ist ja überhaupt, dass es in Aurelias Kursen kein Falsch und kein Richtig gibt. Die letzte Figur, die Franz, 10, geschaffen hat, war „ein Mann, der hatte einen langen Kopf, der nach hinten wuchs und Dellen hatte.“ Gerade hat Fabio, 10, eine Skizze gezeichnet, die ein Fahrzeug darstellt. „Es soll einerseits altmodisch sein und auf der anderen Seite ganz modern.“ Außerdem soll es einen Raketenantrieb haben und auf dem Wasser fahren können.

Aurelia lässt die Kinder machen, gibt aber Ratschläge. Hin und wieder muss sie ihre Kursteilnehmer auch bremsen, weil deren Ideen vielleicht gar nicht umzusetzen sind. „Manchmal machen sie es dann trotzdem, und es klappt“, sagt sie und lacht. Die Anforderungen sind hoch. Fabio ist schon seit mehr als drei Jahren dabei: „Ich habe Spaß daran, an Figuren herumzuexperimentieren. Immer entsteht etwas Neues“, sagt er.

Lina hat sich heute für ein Fabelwesen mit langen Hörnern entschieden. Wie sie darauf gekommen ist? „Das Muster in Aurelias Sessel in der Ecke hat mich daran erinnert. Eigentlich wollte ich den Eiffelturm machen, aber ich weiß gar nicht, wie der aussieht“, sagt sie und knetet mit ihren Händen und einem Holzstab aus dem Ton die Formen ihres Fabelwesens. Davor hatte sie den Ton auf den Boden geworfen. Das muss sein! So wird die Luft aus dem Ton herausgeklopft. Später im Brennofen wird der Ton richtig heiß, 900 Grad. Wäre dann noch Luft drin, könnte die Skulptur regelrecht explodieren.

Übrigens wird bei Aurelia nicht getöpfert. Beim Töpfern stellt man Gebrauchsgegenstände her, häufig mit einer Drehscheibe und mit viel Wasser. „Beim Bildhauern wird der Ton mit verschiedenen Techniken aufgebaut zu einer Skulptur oder einem Kunstwerk“, erklärt Aurelia. Bildhauer sind Künstler, die etwas machen, einfach weil es so aus ihnen herauskommt. Grüne Monster mit blauen Augen zum Beispiel, Geister oder Ritter. Die Skulpturen werden gebrannt und bemalt. Das kostet viel Geduld. Auch wenn es nach der Schule manchmal anstrengend ist zu bildhauern: „Die Mühe lohnt sich jedes Mal“, findet Julia.

Weitere Informationen

Kurse gibt es bei Aurelia Weber-Krohse: dienstags und donnerstags 17 bis 18.30 Uhr, 30 Euro monatlich.

Skulptur & Theater: Ferienkurs 14. bis 18. Juli, jeweils 9 bis 14 Uhr. Alter: sechs bis zwölf Jahre. Kosten: 135 Euro, vergünstigt mit dem Ferienpass 120 Euro.

Ferien-Workshop Skulptur & Theater, 21. bis 23. Juli, 10 bis 15 Uhr, Alter: zwölf bis 16 Jahre. Kosten: 105 Euro, vergünstigt 90 Euro. Ort: Bartelsstraße 65.

Weitere Infos unter www.glückskinder-hamburg.de und unter Tel. 0171-6763407.