Reiten ist nicht nur was für Mädchen, ganz im Gegenteil. Wie der siebenjährige Mo den Umgang mit Ponys lernt, hat das Abendblatt beobachtet.

Die schwarzen Punkte auf Judys Fell sind garantiert nicht aufgemalt, auch wenn es so aussieht. Judy ist ein Knabstrupper, so lautet der lustige Name der dänischen Pferderasse mit den auffälligen Tigerschecken. Judy sieht ein bisschen aus wie Kleiner Onkel, das Pferd von Pippi Langstrumpf. Nur dass auf Judy nicht Pippi Langstrumpf sitzt, sondern Mo. Der ist sieben Jahre alt und führt ein beneidenswertes Leben in Norderstedt. Denn dort lebt Mo mit seinen zwei Brüdern Joshua und Justus sowie seinen Eltern direkt am Pferdestall. Und nicht nur das: Mos Mutter Julia Knipper besitzt noch ein Pferd. Und sie bringt Kindern das Reiten bei.

Neben Judy stehen noch Hannelore, die Haflingerstute, und Smilla, ein braunes New Forest Pony, sowie ein Isländer und andere Pferde auf der Weide. Ach ja, und Findus, ein Berner-Sennen-Golden-Retriever-Mischling ist auch immer mit dabei.

Auch in Hamburg lieben Kinder Pferde

Auch in einer Großstadt wie Hamburg lieben viele Kinder, besonders Mädchen, Pferde und Reiten. Das merkt auch Julia Knipper. „Das Reiten läuft auf Hochtouren, meine Schüler kommen aus Eimsbüttel, aus Altona und Barmbek zu mir“, sagt sie. Ihr heutiger Schüler hatte es nicht weit bis zur Koppel mit dem Offenstall: Mo ist heute dran. Offenstall heißt übrigens, dass die Pferde einer Gruppe einen überdachten Bereich als Witterungsschutz haben, dort haben sie Fressstände oder Heuhaufen und Wasser. Die Pferde können also jederzeit selbst bestimmen, ob sie lieber draußen stehen oder in den Stall gehen wollen. Obwohl Mo schon als Baby mit seiner Mutter auf dem Pferd saß, ist er noch ein Reitanfänger. Es dauert nämlich, bis man wirklich reiten kann. Und selbst Reitlehrer wie Julia Knipper lernen immer noch dazu. „Auch ich nehme noch Reitstunden“, sagt sie, „ein Reiter lernt nie aus.“

Mit kleineren Kindern fängt man erst einmal spielerisch mit dem Reiten an, so ab vier Jahren ist das sinnvoll. Sie werden dann auf den Pferden geführt, oder sie machen Gleichgewichtsübungen an der Longe. Bei der Longe laufen die Pferde an einer langen Leine im Kreis. Auch Voltigieren, also Turnen auf dem Pferderücken, kann man schon mit vier, fünf Jahren. Reiten kann einem Selbstbewusstsein geben, und gerade schüchterne Kinder lernen, ihre Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken. Richtig zu reiten lernt man allerdings erst ab acht oder neun Jahren am besten. Vorher ist es noch zu schwierig, alles richtig zu koordinieren. Denn man muss das Gewicht im Sattel verlagern können, mit dem Schenkel Hilfen geben und dem Pferd damit sagen, was man möchte, also wo es langgehen soll, und natürlich muss man auch noch mit den Zügeln helfen. Das sind drei Dinge, die man gleichzeitig beherrschen muss. Mindestens.

Erst wird Judy geputzt

Bevor Mo heute mit Judy loslegt, putzt er sie gründlich. Das macht er nicht nur, um Haare und Schmutz aus dem Fell zu entfernen, sondern vor allem auch, damit beide Kontakt aufnehmen können. Judy dreht dann zum Beispiel ihren Kopf und guckt, was Mo da macht. Der bürstet ihr Fell und kratzt die Hufe aus. Julia Knipper ist immer sehr wichtig, dass ihre Reitschüler die Pferde putzen. In anderen Reitställen werden die Kinder einfach auf das fertig geputzte und gesattelte Pferd gesetzt. „Die Kinder sollen aber eine Beziehung zum Pferd aufbauen und die Wärme spüren“, sagt Knipper. Diese Nähe zu Judy hilft auch Kindern, die Probleme haben, zum Beispiel weil sie sich anders verhalten als die meisten oder sich langsamer entwickeln. Für diese besonderen Kinder bietet Julia Knipper eine Reittherapie an.

Judy ist mit ihren 20 Jahren schon ein erfahrenes Pony, das nicht viel aus der Ruhe bringt. Höchstens das saftige Gras auf der Weide. Wie alle Ponys ist auch Judy ganz schön verfressen. Gut, dass der Reitplatz aus Sand ist, sonst würde sie die ganze Zeit fressen wollen. Mo reitet am liebsten ohne Sattel, nur mit einer flauschigen Decke und Zügeln. Ein bisschen wie Yakari, der Indianerjunge. Zu Beginn der Reitstunde macht seine Mutter mit ihm ein paar Aufwärmübungen. Dabei dreht er sich wie eine Mühle auf dem Pferderücken, bis er mit dem Rücken zum Pferdekopf sitzt und rückwärts reitet. Warum Julia Knipper mit Mo diese Übungen macht? Damit er erst einmal richtig ankommt, die Bewegungen des Pferdes spürt und sich daran gewöhnt. Mit den Übungen konzentriert er sich auch weniger darauf, das Gleichgewicht zu halten: Das kommt von ganz allein.

Wer von euch auch gern reiten lernen möchte, sollte das am besten in kleinen Gruppen mit höchstens fünf weiteren Reitschülern machen. „Zehn Reitschüler sind zu viel. Da bekommt die Reitlehrerin viel zu wenig mit“, sagt Julia Knipper, die eine große Peitsche dabei hat, wenn Judy an der Longe geht. Mit der wird das Pony aber nicht geschlagen. „Die Peitsche ist mein Kommunikationsmittel.“ Judy erkennt anhand des Peitschenhiebes, ob sie im Schritt, Trab oder Galopp laufen soll. Mo kennt schon einiges davon, aber irgendwann ruft er: „Halt Mama, das reicht!“ Reiten ist nämlich anstrengender, als man denkt.

Weitere Informationen:

Reitställe in Hamburg und Umgebung gibt es einige. Trotzdem ist es manchmal schwer, Stunden zu nehmen, weil der Andrang so groß ist. Auch bei Julia Knipper an der Friedrich-Ebert-Straße in Norderstedt ist alles ausgebucht. Aber sie bietet regelmäßig Aktionen an. Die nächsten Schnupperstunden finden am Sonnabend, den 14. Juni statt (11–14.30 Uhr, 40 Euro). www.reiten-bei-julia.de

Im Boberger Reitverein (Billwerder Billdeich 256) ist Dressur-, Springreiten sowie Voltigieren möglich (eine Kinderstunde pro Woche kostet 28 Euro im Monat). Im Sommer gibt es ein Camp.

Der Reitstall Eichenhof in Duvenstedt (Puckaffer Weg 14b) bietet Unterricht für Kinder ab 7 Jahren sowie Voltigiergruppen (5er-Karte Reitunterricht 56 Euro). www.reitstall-eichenhof.de