Jim Knopf und Pumuckl. Die Weihnachtsmärchen sind in der Hansestadt gerade besonders angesagt. Das Abendblatt hat bei zwei Weihnachtsaufführungen hinter die Kulissen geschaut.

Kommt man nicht drauf. Wirklich nicht. Dieser Junge mit der Baseballmütze, der sich gerade sein Gesicht dunkel anmalt, soll eine erwachsene Frau sein? Dabei dauert es gerade einmal eine Dreiviertelstunde, bis sich Patrizia in ihrer Garderobe verwandelt. Die kleine, zierliche 32-Jährige verkörpert die berühmte Hauptfigur von Michael Ende im Familienmusical „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, das derzeit in der Komödie Winterhuder Fährhaus gezeigt wird. Nicht mehr lange, und Kita--Gruppen und Schulklassen werden aufgeregt lärmend das Theater in Beschlag nehmen – schließlich ist Weihnachtsmärchenzeit in Hamburg.

Basecap statt Lokführermütze

Jim, Pardon, Patrizia, ist die Ruhe selbst. Schminkt braun das hautfarbene Mikrofonkabel über, das an ihrer Wange klebt und richtet den Sender in ihrer Hosentasche, zu dem es führt. „Ein praktisches Kostüm. Einmal habe ich Aschenbrödel gespielt und musste den Sender irgendwo unter meinem Kleid verstecken.“ Plötzlich eine Lautsprecherdurchsage: „Jim Knopf bitte zur Bühne!“ Patrizia greift schnell ein Paar neonfarbene Sneaker. Jim Knopf ist nämlich – wie die anderen Figuren auch – in der Jetztzeit angekommen, trägt Basecap statt Lokführermütze, Kapuzenpulli statt Rolli und eben auch Turnschuhe. Das Paar, das Patrizia mit zur Bühne nimmt, hat Metallplatten an den Sohlen – für eine Steppeinlage. Das „erfolgreichste Familienmusical aller Zeiten“, das bereits seit 1999 in vielen Theatern gezeigt wurde, lebt nämlich auch durch seine Musik. Logisch, das berühmte Lummerland-Lied ist auch mit dabei.

Etwa zwei Wochen hat die Schauspielerin für ihre Rolle geprobt, jetzt stellt sie plötzlich ganz automatisch um in „so einen Jungenmodus“, schließlich bewegt sich ein Jim Knopf anders als eine Erwachsene. Seit zwei Monaten verkörpert sie Jim nun schon, trotzdem ist sie noch aufgeregt vor jeder Vorstellung. „Gerade vor den Schulvorstellungen bin ich nervös, man weiß nie, wie das Publikum reagiert.“ Anders als Jim und Lukas der Lokomotivführer, spielen alle anderen Schauspieler mindestens zwei Rollen. Frau Mahlzahn ist zum Beispiel auch Frau Waas und der Oberbonze. Es gibt Kostümwechsel, für die ist gerade einmal eine Minute Zeit!

Bis zu drei Auftritte am Tag

Später, wenn Jim Knopf und Kollegen sich von der ersten Vorstellung des Tages erholen werden, machen sich Niklas alias Pumuckl und Tim alias Meister Eder im St. Pauli Theater fit für den zweiten Auftritt des Tages. „An manchen Tagen stehen wir sogar dreimal auf der Bühne, das ist schon sportlich“, sagt der 26-jährige Niklas, der jetzt seinem Kollegen Tim den künstlichen Bauch umschnallt. Die Schauspieler haben anfangs von einer professionellen Maskenbildnerin gezeigt bekommen, wie sie sich schminken und die Perücke aufsetzen sollen – nun können sie es ganz allein. Die Koboldzähne hat sich Niklas schon mit weißem Lack aufgemalt, jetzt schnell noch die Perücke feststecken.

Kondition ist wichtig, krank werden darf man nicht – eine Zweitbesetzung ist wirklich nur für den absoluten Notfall vorgesehen. „Wir können die Kinder doch nicht nach Hause schicken“, sagt Tim. Vor Kindern aufzutreten gefällt ihm so gut, „weil sie ganz anders mitmachen“. Gerade, wenn Pumuckl mal wieder verschwunden ist, entsteht ein richtiger Wettstreit im Publikum. Wer entdeckt den Frechdachs als Erster? Ist ja auch aufregend, wenn Niklas hinter der Bühne heimlich technische Effekte auslöst. „Einmal bewegt sich ein Hut ganz allein über die Bühne“, erklärt er. Zauberei? „Tatsächlich steckt ein ferngesteuertes Auto darunter. Wir sind jedes Mal froh, wenn der Trick klappt.“ Das ganze Ensemble weiß, dass es auch eine gewisse Verantwortung hat. Schließlich ist es für viele Kinder der allererste Besuch im Theater, und nicht alle sind es gewohnt, in Ruhe zuzuhören. Kann man sie jedoch für die Bühne begeistern, dann kommen sie später auch wieder.

„Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ sind noch bis zum 29.12. im Winterhuder Fährhaus (Hudtwalckerstr. 13, Tickets/Termine: 040/48 06 80 80, www.komoedie-hamburg.de). 13,10-18,60 Euro

„Meister Eder und sein Pumuckl“ verzaubern noch bis zum 23. Dezember das St. Pauli Theater (Spielbudenplatz 29-30, 040/47 11 06 66, www.st-pauli-theater.de). Eintritt: 9,90-19,90 Euro. Di., 14.30 Uhr, Fr., 14.30+17 Uhr, Mi., Do., Sbd., So. auch 11 Uhr

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