Deutlich geschmackvoller als die Schlager-Band: das “Pur“ in Ottensen

Grau ist es geworden, das Restaurant gegenüber der Christianskirche in Ottensen – und das steht ihm gut. Viel besser als das quietschige Pink vorher. Und die grasgrünen Hocker und Bänke sind ins Raucherlokal gewandert, ein Stockwerk tiefer, wo sie nun für Farbe sorgen. Im oberen Gastraum ist dagegen alles braun und weiß, gediegen, gemütlich. Mathias Pielhau und Mourad Tatem scheinen angekommen.

Bei der Eröffnung vor einem Jahr ging alles zu schnell. Der „Zinken“, der zuvor dort untergebracht war, musste schließen, weil die Fördergelder für das Ausbildungsrestaurant gestrichen wurden. Binnen vier Wochen übernahm Pielhau, der ehemalige Restaurantleiter, mit neuem Konzept. Im März kam Tatem als zweiter Geschäftsführer dazu.

Der 38-jährige Algerier steht auf deutsche Küche – und die gibt es im „Pur“ seitdem, von ihm persönlich zubereitet. Lammschulter in Orangensud geschmort etwa (15,80 Euro), innen rosig und auf bissfestem Fenchel mit Orangenfiletstückchen, die für Frische sorgen. Die Portion ist zudem anständig, denn das ist das Credo des Hauses: Jeder soll mit einem angenehmen Sättigungsgefühl das Restaurant verlassen. Auch derjenige, der nur ein Hauptgericht ordert – obwohl ein Drei-Gänge-Menü lediglich 25,50 Euro kostet.

Am besten kommt man also mit Appetit. Und bestellt gleich die Topinambur-Suppe (7,20 Euro). Die Wurzelknollen räuchert Tatem selbst und sorgt damit für ein Aroma, das dieses eher unspektakuläre Gemüse zu einem Gesprächsthema macht. Tatem selbst spricht hingegen kaum – wenn er von einem Gericht hin und weg ist, sagt er so etwas wie: „Kann man essen.“ Sollte auf einem Teller gar etwas liegen bleiben, macht er sich Sorgen. Dabei sind seine Selbstzweifel unbegründet. Er kocht mit Liebe, sehr gut und sein Dreierlei von der Ananas ist eine Fruchtbombe (6,20 Euro): unten Carpaccio aus in Gin eingelegter Ananas, darauf ein Parfait, darüber eine Espuma.

Pielhau verteilt derweil Decken auf der Terrasse für die Gäste, die die letzten Abende nutzen wollen, bevor der Herbst alles im Griff hat. Er pendelt zwischen drinnen und draußen, deckt auf, deckt ab, öffnet Weinflaschen (ab 18 Euro), hektisch wirkt er nicht. Eigentlich wollte er Schauspieler werden, vielleicht kann er die Anstrengung gut verstecken. Oder er ist stressgeprüft, nach Jahren, in denen er im Zinken Jugendliche auf den richtigen Weg bringen durfte, wie er selbst sagt. Das Weltenbummeln wie früher auf der MS Europa braucht der Sauerländer heute nicht mehr, sein Team stammt aus Ghana, den Philippinen, Marokko, Algerien: „Der Kopf bleibt offen“, sagt er.

Manchmal hält der 48-Jährige aber an Altem fest, so geleitet er seine Gäste zur Tür. „Das macht man zu Hause schließlich auch.“ Solche Kleinigkeiten vergisst man oft, dabei sind sie es, die ein Lokal zum Stammlokal machen.

Pur , Klopstockplatz 3, Tel. 39 90 61 37, Mo–Fr 12–15.30 und Di–Sa 18–23 Uhr, www.pur-hamburg.de

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Kurz-Biografie

Mourad Tatem, 38, wollte Flugzeugmechaniker werden, eigentlich. Als er mal als Spülhilfe in einer Küche stand, kam ihm eine ganz andere Idee: Kochen! Nach der Ausbildung im „Eisenstein“ arbeitete er in der „Insel“, im „Café Paris“, im „Seepferdchen“ und im „Cox“. Große Leidenschaft des gebürtigen Algeriers ist zwar die deutsche Küche, sie verträgt bei ihm aber auch mal eine Zitronengrasblüte.

Gorgonzola-Chili-Mousse auf Chicorée mit rosa Grapefruitfilets

Rezept von Mourad Tatem

Für 2 Personen:

100 g Gorgonzola

100 g Sauerrahm

100 g geschlagene Sahne

1⁄2 Chilischote

1 Blatt Gelatine

1 Chicorée

1 rosa Grapefruit

100 ml reduzierter Orangensaft

Salz,

Cayenne Pfeffer

1 Prise Zucker

1 Gorgonzola und Sauerrahm in Schüssel über Wasserbad flüssig werden lassen. Chilischote entkernen, klein schneiden, mit Gewürzen dazu geben.

2 Eingeweichte Gelatine ausdrücken, in der Masse auflösen. Sahne steif schlagen, vorsichtig unter Gorgonzolamasse heben. Umfüllen, kalt werden lassen.

3 Chicoréeblätter waschen, in Streifen schneiden. Grapefruitfilets aus der Frucht schneiden. Beides mit der Orangenreduktion in kleiner Schüssel ziehen lassen. Im tiefen Teller eine Nocke Mousse ausstechen und auf Chicorée setzen.