Mitten in der Speicherstadt: das so idyllische wie überraschende “Wasserschloss“

Die meisten Erwachsenen bemerken es nicht, Kinder aber wissen Bescheid. Schon wenn sie den alten Fahrradständer mit der Teekanne sehen. Sie kennen das Gebäude von 1907 nämlich von innen und außen – aus der Kinderkrimiserie „Die Pfefferkörner“. Sie wissen um knarzende Treppenstufen, gepflasterten Boden, gewölbte Backstein- decken und den Blick zur Poggenmühlenbrücke.

Eltern sind vielleicht erstaunt, aber nicht weniger angetan von dem liebevoll restaurierten Gebäude mit den vielen Gesichtern. Unten in Bistro und Teegalerie ist es unprätentiös: Der Tresen erinnert an heimische Küchen, durch eine Fensterfront sind Küchenchefin Irina Berggreen und Kollegen beim Pfannenschwenken, Fleischklopfen und Teedosenöffnen zu beobachten. Wer nach oben möchte, wo es edel ist, wird vom Kellner durch einen Teeladen begleitet, der aussieht, als gäbe es ihn nicht erst seit zehn Monaten, sondern seit 100 Jahren.

Der schönste der geschliffen rustikalen Tische im ersten Stock ist der mit der Nummer 25, direkt am Fenster, das Speicherstadt und das glitzernde Fleet wie ein Bild umrahmt. Bei dem Blick wird alles andere beinah nebensächlich – dafür kann weder der emsige italienische und väterlich umsorgende Kellner etwas noch die Küchencrew. Ein Stockwerk tiefer sitzen Gäste in der Sonne auf der Terrasse des meistfotografierten Gebäudes des alten Viertels.

Mittags bestellen sie gern Burger (13,90 Euro), der mit kräftigem Raucharoma auf Focaccia liegt. Es kommt von einem Tee namens Lapsang Souchong, der wie Holsteiner Schinken riecht. Tee gehört hier in fast jedes Gericht. Das Bruschetta ist mit Grüntee gewürzt, das Kalbsschnitzel (17,50 Euro) kommt in einer Panade aus Matcha – der Renner der Karte.

Überhaupt: diese Tees! Natürlich werden auch Biere und Weine serviert, offene Weine ab 5 Euro. Aber wer im Wasserschloss keine Tasse Tee probiert, gehört eigentlich bestraft. 30 Sorten stehen auf der Karte, insgesamt 250 zur Auswahl. Restaurantleiter Christian Nacke erläutert die Unterschiede und kre- denzt Erfrischendes wie selbst gemachten Eistee oder Wärmendes wie ayurvedischen Gute-Laune- Tee. Kinder wählen meist Kakao – in Form heißer Milch mit Schokololli.

Die Eltern genießen derweil das kernige, nicht breiige Labskaus (13,90 Euro) sowie das Potpourri von Meeresfrüchten, Irina Berggreens Lieblingsgericht (23,50 Euro): Das sepiaschwarze Risotto sieht neben bissfest knallgrünen Zuckerschoten klasse aus, darauf thronen Jacobsmuschel, Dorsch, Lachs und Scampo. Den Nachwuchs interessiert das aber nicht, der denkt jetzt ans Eis, das Namen wie „Altes Land“ oder „Elbstrand“ trägt. Egal, Hauptsache, die Kleinen drängeln nicht. Denn das Wasserschloss ist kein Ort für einen hektischen Imbiss. Es ist ein Platz, an dem sich Gäste fühlen wie in einer Zeitmaschine, die „abwarten und Tee trinken“ verordnet.

Wasserschloss , Dienerreihe 4, 20457 Hamburg, tgl. 10–22 Uhr (Küchenschluss), Tel. 558 98 26 40, www.wasserschloss.de

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Kurz-Biografie

Irina Berggreen, 33, stammt aus einer Familie mit zwei Leidenschaften: Gastronomie und HSV. So war für die gebürtige Gifhor- nerin klar, dass es nach der Lehre in Braunschweig nach Hamburg gehen muss. Und zwar zu Christoph Rüffer ins „Haerlin“, zu Cornelia Poletto und zu Michael Wollenberg ins „Wattkorn“. Jetzt führt sie das Regiment im „Wasserchloss“ – und geht an Heimspieltagen zum Mitfiebern und Anfeuern ins Stadion im Volkspark.

PFANNKUCHEN MIT APFEL-LIEBT-MINZE GRATINÈ

Rezept Irina von Berggreen

Für 4 Personen:

Apfel-liebt-Minze-Granité

250 ml Wasser

25 g Tee (Mischung „Apfel liebt Minze“; oder Apfelfrüchtetee und Minze)

ca. 100 ml trüber Apfelsaft 30 ml Calvados 40 ml Zitronensaft 65 g Zucker

Pfannkuchen

3 Eier

180 g Mehl

350 g Milch

1 cl Orangenlikör

1 EL Vanillezucker

80 g tiefgefrorene Johannisbeeren

Minze zum Garnieren

1 Wasser aufkochen, Tee 10 Min. darin ziehen lassen, anschließend abseihen. Den Tee dabei gut ausdrü- cken. Sud in einen Messbecher geben und mit Apfel- saft bis auf 300 ml auffüllen. Abkühlen lassen und anschließend Calvados, Zitronensaft und Zucker untermischen. Z. B. in eine Backform gießen und einfrieren. Dabei immer wieder mit einer Gabel durchziehen, um Eissplitter zu erhalten.

2 Eigelb vom Eiweiß trennen und mit den restlichen Zutaten zu einem glatten Teig verrühren. Eiweiß steif schlagen und vorsichtig unterheben. Vier kleine Pfannkuchen backen. Johannisbeeren auf den Teig streuen, wenn er oben noch flüssig ist.

3 Granité auf vier kleine Schüsseln verteilen, mit Minze garnieren und auf einem Teller mit den heißen Pfannkuchen servieren.