Im Restaurant „Calla“ auf der Fleetinsel verbindet sich historische Küche mit höchst moderner Kochkultur

Es sind nicht nur das Aufspüren neuer Trends, das Erfinden revolutionärer Garmethoden oder das Wiederentdecken von in Vergessenheitgeratenen Traditionen und Ingredienzien, die einen aufstrebenden Stern am Gastrohimmel zum Strahlen bringen: Es ist eine Kombination von allem – plus der Weisheit, dass jeder Küchenchef nur so gut ist wie die Mannschaft neben und hinter ihm. Und natürlich der Big Boss vor ihm, in Michael Winkles Fall der beinahe legendäre Küchendirektor und Aromenprofessor Alfred Schreiber, einer der ersten, der die euroasiatische Küche hier mit deutschen Gaumen in Berührung brachte. Gut für Küchenchef Winkle: „Alfred Schreiber vertraut mir und lässt mich meinen Weg machen“, sagt er. „Zum Beispiel, wenn ich mit historischen Gemüsesorten experimentiere, mit Rüsselrettich oder dem Ulmer Ochsenhorn, einer alten Rübenart. Die beziehe ich vom Hof der Dörthe von Schassen aus Jork aus dem Alten Land.“

Jetzt, nach seinem vierwöchigen Urlaub im Baskenland, tun ihm vom Stehen ein wenig die Füsse weh. „Aber das geht rasch vorbei!“ Doch erholsame Ferien zum Krafttanken und eine geregelte Fünf-Tage-Woche gehörten auch zum Erfolgsmodell, meint Winkle, der die Härte des Kochberufs in seinen Wanderjahren zu spüren bekommen hat. „Das Durchschnaufen befügelt die Kreativität. So ist für mein Team und mich der kleine Nachteil, dass das ,Calla‘ keine Außenplätze besitzt, ein großer Vorteil“, sagt er und verweist auf die Sommerpause des Restaurants, die jetzt freilich vorbei ist. Auf der ersten von noch mindestens sechs saisonal geprägten Speisekarten, finden sich Gerichte mit verblüffenden Kombinationen: etwa „Stubenküken und Langostinos mit grünem Spargel, Passionsfruchtgelee, Vanille und Erbsenpesto“ als Vorspeise (21 Euro), eine „Erbsenschaumsuppe mit Pfefferminze, Melone und Kaisergranat“ (15 Euro) oder ein „Müritzer Bachsaibling mit Petersilienwurzel, Blattpetersilie, weißen Trauben und Milch von grünen Mandeln“ (23 Euro). Als Dessert steht unter anderen eine „Pfirsich-Kaltschale mit Topfensoufflé und Zitronengraseis“ (13 Euro) auf der Karte.

„Wir entfernen uns bewusst ein wenig von der euroasiatischen Küche, weil das inzwischen alle machen“, sagt Winkle. Er selbst sei „definitiv mediterran gepolt“, aber es seien eben die Berührungspunkte der verschiedenen Kochkulturen, die seinen Beruf so interessant machten. Winkles Steckenpferd ist die „Sous-Vide-Methode“. Dabei werden Fleisch, Fisch oder Gemüse in einer Vakuum-Folie im Wasserbad gegart. „Durch dieses schonende Verfahren behalten die Produkte ein Optimum an Eigengeschmack, an Vitaminen, Nährstoffen und Aromen“, sagt Winkle, der für ambitionierte Hobbyköche Seminare zum „Sous-Vide-Garen“ anbietet – das nächste findet am Sonntag, dem 23. Oktober statt. Wer acht Stunden Zeit und 185 Euro ürig hat, sollte sich rasch anmelden.

Calla im Steigenberger Hotel, Heiligengeistbrücke 4 , 20459 Hamburg, Di – Sa 18 – 23 Uhr, Reservierungen Tel. 36 80 60, www.steigenberger.com/Hamburg/restaurants

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Kurz-Biografie

Als es Michael Winkle, 35, als Kind endlich gelungen war, die Bolognese seiner Mutter nachzukochen, stand sein Berufswunsch fest. Er lernte im Landhotel Schlosswirtschaft Illereichen, das einen Michelinstern besaß. Seine Wanderjahre führten ihn dann u. a. nach Hamburg ins damalige „La Mer“ sowie nach Spanien. Seit 2008 ist er Küchenchef des „Calla“, wo er die aromenreiche Kochtradition von Küchendirektor Alfred Schreiber fortsetzt.

REHRÜCKEN AUS DER NORDHEIDE

Rezept von Michael Winkle

Für 4 Personen:

1 Rehrücken, pariert & ausgelöst ca. 500 g

1 El Sonnenblumenöl

1 El Butter

2 g gemahlener Kaffee

5 g Kakaobohnen

3 g schwarzer Pfeffer

2 g Kubeben-Pfeffer

Sauce

1 Schalotte, fein gewürfelt

1 Champignon in Scheiben

2 Wachholderbeeren

1 Msp Piment, 20 g Butter

20 ml Spätburgunder

10 ml Portwein

200 ml Wildfond

Spitzkohl

1 Spitzkohl, in Julienne

geschnitten und blanchiert

1 Schalotte, fein gew.

50 g gew. Kochschinken

20 g Butter, 80 ml Sahne

Chutney

1 gew. Schalotte

20 g Butter, 8 Aprikosen

20 g Zucker

5 ml Aprikosenschnaps

5 g geh. Rosmarinnadeln

1 Sauce: Schalotte, Champignon, Gewürze mit 10 g

Butter anschwitzen. Mit Weinen ablöschen. Fond

dazu, 1/4 einreduzieren, passieren, mit Butter binden.

2 Rehrücken: Gewürze mit Kaffee mörsern. 4 gleichgrosse

Fleischstücke anbraten, Butter und Kaffeemix

zugeben, nappieren. Im Ofen bei 80 Grad 10 – 12 Min.

garen, dabei zweimal mit Kaffeebutter übergiessen.

3 Spitzkohl: Schalotte und Schinken in Butter anschwitzen.

Spitzkohl zugeben und Sahne angiessen.

Cremig einkochen; abschmecken.

4 Chutney: Schalotte in Butter anschwitzen, Aprikosen

und Zucker zugeben, mit Schnaps abblöschen.

5 Dazu: Serviettenknödel und gebratene Steinpilze.