Kleiner Name, große Küche - das “Petit Délice“ in der Galleria bietet Pariser Flair mit hanseatischer Noblesse

Die Galleria sieht aus wie leergefegt, wochen- tags gegen 13 Uhr. Ein Trugschluss. Die Menschen sitzen nämlich alle ganz hinten rechts, kurz bevor die Passage am Fleet endet. Entweder im Petit Délice an weißbetuchten Tischen oder direkt nebenan an blankem Holz im Petit Traîteur. Überall: zufriedene Gesichter.

Die meisten tragen Anzug. Männer sind um die Mittagszeit eindeutig in der Überzahl. Ein paar Frau- en tragen Kostüm; eine sogar Hut. Es ist eine echte Dame, etwa Mitte siebzig, chic und offensichtlich Stammgast. Sie guckt nämlich nicht in die Karte, sondern fragt stattdessen: „Was gibt’s heute?“ Und der Kellner referiert. Aus dem Effeff. Mit charmantem Lächeln. Die Dame nickt, ihr Weißwein kommt schon ohne Bestellung, ein Bio-Riesling vom Weingut Zwölberich an der Nahe (0,1 l , 3,90 Euro). Der hält auch einer Boudin Noir (14,50 Euro) stand. Das ist eine von Alexander Iwers Spezialitäten. Davon hat der Küchenchef, der seine Gäste teilweise schon seit 20 Jahren kennt, einige. Die Vierländer Ente (27,50 Euro). Oder Risotto. Vitello Tartufo, Tafelspitz mit Thunfischsauce und Trüffeln (18,50 Euro). Oder eben auch die Crème brûlée (6,50 Euro), die zuerst tuschartig knackt und dann mit ihrem Schmelz alle Kalorien vergessen macht. Die steht immer auf der Karte, und es wäre ein Fehler, auf sie zu verzichten. Aber zuerst kommt die Blutwurst, ein Klassiker, mit Rahmkraut. Eine Wuchtbrumme ist das, nicht rustikal, sondern elegant im Geschmack. Mit unaufdringlichem Estragonsenf, der ihre Würze nicht stört. Die Dame neben mir hat vorweg Risotto mit Rote Bete und frischem Meerrettich und gebratenen Jakobsmuscheln (16,50 Euro) geordert. Keine Ahnung, wie diese zierliche Person das schafft. Alexander Iwer ist nämlich kein Geizhals und portioniert großzügig, besonders die Pommes mit Parmesan und Trüffel (14,50 Euro), eine Kombination, die ziemlich seltsam klingt, auf die er aber zu Recht stolz ist. Und schließlich gibt es ja auch noch das kräftige Roggenbrot mit dem petersiliege-würzten Butterschaum dazu. Das duftet so, das kann man nicht unprobiert stehen lassen. Dazu vielleicht einen Cabernet Sauvignon (0,1 l, 3,60 Euro).

Spätestens jetzt ist man angekommen. Auch ohne Anzug oder Hut. Denn schließlich haben wir alle einen guten Grund, hier zu sein: den Genuss. Das Petit Délice ist tatsächlich ein kleines Stück Frankreich in sehr hanseatischem Outfit, ein Ort, an dem es Froschschenkel gibt und Lyoner Wurst auf Linsen, Austern und Rouladen, Trüffel und Rotkohl. Und nebenan maurerhandhohe Burger oder randvolle Teller mit Krustentiersuppe, die hier mit so viel Innigkeit und Contenance gegessen werden wie in Paris, Rive Droîte. Und dabei wirken die Gäste wie Geheimnisträger, allesamt. Sind sie vielleicht auch. Denn wer verrät, wie gut es mittags im Petit Délice ist, läuft Gefahr, selbst keinen Platz mehr zu bekommen.

Petit Délice , Große Bleichen 21, Tel. 3434 70, Mo–Sa 11.30–21.30 Uhr (letzte Bestellung Küche, auch Silvester)

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Kurz-Biografie

Alexander Iwer, 44, hat schon einmal sieben Jahre lang erfolgreich im Petit Délice gekocht, bevor er 1999 als Sous Chef ins „Wollenberg“ wechselte und später unter anderem als Küchenchef zum Golfclub Kampen und zur „Sturmhaube“ auf Sylt. Seit zwei Jahren steht er nun wieder in der offenen Küche in der Galleria. Mittlerweile ist es sein eigenes Restaurant, das ihm nur wenig Zeit lässt für seine Hobbys Triathlon, Surfen und Golf.

Crème brülée

Rezept von Alexander Iwer

Für 6 Personen:

250 ml Milch

750 g Sahne

80 g Zucker

10 Eigelb

Mark von 2 Vanilleschoten

brauner Zucker

Zubereitungszeit: 45 Minuten

Ruhezeit: 60 Minuten

Garzeit: 2 Stunden Kühlzeit: 6 Stunden

1 Den Backofen auf100°C vorheizen.Milch,Sahne, Zucker, Eigelb und Vanillemark in eine Schüssel geben und verrühren. Dabei darauf achten, dass sich kaum Schaum bildet.

2 Die Masse 60 Minuten ruhen lassen, dann durch ein Haarsieb passieren und in ofenfeste Förmchen füllen. Auch hierbei sollte sich kein Schaum an der Oberfläche bilden.

3 Die Förmchen auf ein mit Pergament ausgelegtes Backblech stellen. Die Schalen sollten bis zu einem Drittel im Wasser stehen.

4 Die Crème bei 100 bis 110 °C zwei bis drei Stunden pochieren – oder garziehen: eine sanfte Garmethode in heißem, aber nicht kochendem Wasser ( bei etwa 75 °C bis 95 °C). Abkühlen lassen und am besten über Nacht in den Kühlschrank stellen.

5 Die Crème vor dem Servieren mit Zucker bestreuen und unter dem Grill karamellisieren. Tipp: Mit einem kleinen Haushalts-Bunsenbrenner (rund 30 Euro) gelingt es schneller.